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Zum 10. März
zu einer Persönlichkeit geworden, von der man kaum mehr zu
sagen vermag, inwieweit sich ihr Bild mit dem Urbilde deckt,
das einstmals in Fleisch und Blut gelebt hat. Der ganze In—
begriff von Frauenschönheit und Frauentugend, von Gatten—
liebe und Mutterzärtlichkeit, von königlicher Hoheit und könig—
licher Pflichttreue ist unserem Volke gegenwärtig, sobald ihr
Name genannt wird.
Ein solches, nur im Bewußtsein noch vorhandenes Bild
körperlich wieder zu erwecken, den schönen, schweifenden Schatten
durch einen Denkstein, irgendein sichtbares, greifbares Zeichen
an den Raum zu bannen, wo der Leib gewandelt war, das
war ein wohl begreifliches, der menschlichen Natur entsprechendes
Bedürfnis.
Ihm ist auf zweierlei Weise Genüge geschehen, in großer
und in bescheidener, in erhebender und in rührender Art.
Dem Bildhauer Christian Rauch war es vergönnt, dem
preußischen Volke seine „heilige Frau“ zu schenken, indem er
da draußen im Mausoleum zu Charlottenburg die zu Staub
gewordene Gestalt im Marmor wieder auferstehen ließ. Wenn
je ein Kunstwerk Zeugnis dafür abgelegt hat, daß die schaffende
Phantasie des großen Künstlers überirdischen, von geheimnis—
vollen Quellen genährten Ursprungs ist, so ist es in diesem
Bilde der schlummernden Königin geschehen, über dem die Luft
zu zittern scheint, wie bewegt vom Hauche des herrlich⸗lieb—
lichen Weibes, wie durchflüstert von den unausgesprochenen
Worten der Tausende und Abertausende, die im Laufe der
Jahre und Jahrzehnte an das Bild herangetreten sind und in
Andacht davor gestanden haben.
Das ist das große, um es so zu bezeichnen, heroische An—
denken, das wir von unserer Königin Luise besitzen — aber
daneben gibt es noch eines, ein viel kleineres, unendlich kleines,
viel bescheideneres, unendlich bescheidenes, aber in seiner Klein—
heit und Dürftigkeit unendlich rührendes Andenken an sie, das