Path:
Auf den Trümmern von Akragas. Eine Mär

Full text: Blätter vom Lebensbaum / Wildenbruch, Ernst von (Public Domain)

Auf den Trümmern von Akragas 
289 
war, als flöge die ganze Stadt Akragas in dem einen Schrei 
zum Himmel empor. Die Priester der Aphrodite wurden ge— 
rufen, daß sie das Bild der Göttin in deren Tempel trügen. 
Wagen wurden bespannt, daß man die Gestalt des Giganten 
darauf lüde und zum Tempel des Zeus schaffte. Aus dem 
Tempel wurden die Säulen hinausgetan, die die Baumeister 
hatten errichten wollen, die einen wie die anderen; Steinmetze 
wurden gerufen und die besten Künstler von Akragas, daß sie 
nach dem Muster des einen dreizehn andere Gigantengestalten 
errichteten, um die Balken des Tempeldaches zu tragen. Und 
dann erst, als dieses alles geschehen und der Taumel vorüber 
war, entstand ein Fragen: „Wo ist der, aus dessen Hause 
dieses alles gekommen ist, wo ist Empedoklés?“ 
Niemand aber wußte darauf Antwort zu geben, niemand 
hatte ihn gesehen, niemand wußte ihn zu finden — und seit 
dem Tage hat keines Menschen Auge den großen Empedoklés 
mehr gesehen. Mancherlei wurde erzählt, die einen sagten, in 
der Nacht, die auf diesen Tag folgte, wäre ein wunderbarer 
Glanz vom Himmel herabgestiegen zum Hause des großen 
Mannes, und eine Stimme, die keines Menschen Stimme ge— 
wesen, hätte dreimal laut seinen Namen gerufen. Wieder an— 
dere, die von Katana kamen, wußten zu berichten, daß man 
den Empedoklés gesehen habe zum Ätna emporsteigend, den 
Arm um die Schultern eines wunderbaren Knaben geschlungen, 
der ihm zur Seite ging. Und als die beiden zum Gipfel ge— 
langt, wäre der Geist Siziliens, der uralte, der im Atna wohnt, 
aus seiner Behausung gestiegen, hätte die Arme nach ihnen 
ausgebreitet, daß es gewesen wäre wie eine zum Himmel lodernde 
Feuersbrunst, in seine Arme wären beide eingegangen und also 
beide verschwunden. 
Das sprach man in Akragas, und anfänglich trauerte man, 
bald aber vergaß man der Trauer, denn Akragas war jetzt eine 
Stadt von Schwelgern und Prassern geworden, wo man an 
v 19
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.