Auf den Trümmern von Akragas
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Und indem jetzt, da der Meister also sprach, der Knabe
an seine Brust gesunken war, so daß des Meisters Haupt über
seinem Haupte, sein Gesicht über seinem Gesichte war, erschien
es dem Knaben, als gingen die Worte des Gewaltigen über
ihn hin und in ihn hinein wie eine tiefe, strömende, lodernde
Glut, wie ein Licht, das seine Augen von innen her erhellte,
daß er nicht zu sagen vermocht hätte, ob es ihn sehend machte,
oder ihn blendete, wie eine Flut, die alle Elemente seines
innersten Lebens zu stürmischer Gewalt erweckte und sie zugleich
dahinsinken ließ in gliederlösenden Schlaf, so daß er nicht zu
sagen vermocht hätte, ob er Wonne fühlte oder Qual, ob er
lebte oder ob er gestorben sei und tot.
„Dahingegen,“ sprach der Meister darauf weiter, „wenn
die in dir ist, von der ich dir gesagt habe, daß sie das eigene
Leben aufgibt, um anderes Leben zu erwecken, die da verliert,
um zu finden, die große Liebe, die wie ein heiliges Feuer alles
verzehrt, was das Leibliche im Künstler ist, Habgier und Selbst⸗
gefallen, Ehrgeiz und Ruhmsucht, und nur übrig läßt, was in
ihm die Seele ist, sein Werk, wenn sie in dir ist und so
mächtig ist, daß sie dir Kraft verleiht, unsichtbar zu werden,
und nur dein Werk sichtbar bleiben zu lassen, so zu verschwinden
hinter deinem Werk, daß man dein Gesicht nicht kennt, deinen
Namen nicht erfährt, nichts von dir hört und weiß, und wenn
sie dich so stark macht, daß du das alles ohne Kummer erträgst
und ohne Reue, mächtig in dem Gedanken und glücklich in dem
Gefühl, daß du vergehen, aber dein Werk bleiben wird, — wenn
es so ist, wenn du das kannst, wenn du das willst, dann sage es
mir; dann, wie ich bisher nicht gefragt, will ich auch heut nach
deinem Namen nicht fragen; der unbekannte sollst du mir bleiben,
von den Göttern gesandte Knabe; dann, ohne daß sie dich
sehen, sollst du verschwinden, und mit dir verschwinden will
auch ich; denn nachdem solche Gaben aus dem Hause des
Empedokles gekommen, kann Empedoklés ihnen nichts mehr