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Auf den Trümmern von Akragas. Eine Mär

Full text: Blätter vom Lebensbaum / Wildenbruch, Ernst von (Public Domain)

274 Auf den Trümmern von Akragas 
prangende Mutter umarmt, so schlang sich das knospende 
Akragas um Hellas, das mütterliche Land. Da geschah es, daß 
auch die Jungfrau zur Frau heranreifte, und die Frau wurde 
Weib, das Weib wurde Mutter, Mutter von Tausenden und 
Abertausenden, von unerschöpflichen Geschlechtern. Um ihren 
heißen Busen wogten die Olwälder, blühten die Kornfelder, 
um ihre strahlenden Glieder floß die Schönheit wie ein könig— 
liches Gewand. Da wurden auch die Kinder wie die Mutter, 
die Menschen wie die Stadt, und das Volk von Akragas ward 
ein üppiges, reiches und weiches Volk. 
Wenn sie in den Straßen gingen, so leuchtete es darinnen, 
wie von wandelnden Flammen, denn Männer und Frauen, die 
Kinder sogar, alles ging in purpurnen Gewändern. Dazu war 
ein Duft, wie wenn der Wind über Blumenfelder zieht, denn 
aller Gewänder waren mit köstlichen Essenzen besprengt, und 
das lockige, von goldenen Kämmen zusammengehaltene Haupt-— 
haar strömte von Salben. So weich wurden ihre Glieder, daß 
besondere Schafherden gezüchtet werden mußten, um aus deren 
Wolle die Kissen und die Matratzen zu stopfen, auf denen sie 
ruhten zur Nacht, so zärtlich ihre Füße, daß alles Pflaster in 
den Straßen mit gesiebtem Meersande bestreut werden mußte, 
um ihnen nicht weh zu tun, und daß man den Fuß des Knaben 
von dem des Mädchens nicht mehr unterschied. 
Teiche wurden angelegt, mit lauterem, süßem Wasser gefüllt, 
auf dessen Oberfläche Wasservögel sich niederließen und Schwäne 
sich wiegten, während in der Tiefe seltene und auserlesene Fische 
hausten. Denn berühmt in ganz Sizilien und über Sizilien 
hinaus bis nach Athen, Korinth und Sparta, ja bis nach 
Kleinasien, waren die Mahlzeiten, die man in Akragas auftischte, 
und die Weine, die in den Kellern verwahrt wurden, in Kufen, 
so ungeheueren, daß es wie ein Meer von Wein war, das 
unter den Häusern stand. Und wer als Fremder in die Stadt 
kam, zur Zeit, wo in den Häusern die Tafeln gedeckt standen,
	        
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