Auf den Trümmern von Akragas
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So taten sie, und sie taten recht; denn Athene, die eine
eifernde Göttin war, furchtbar allen, die an ihr vorübergingen,
hilfreich aber denen, die sie ehrten und verehrten, nahm huldvoll
den Tempel an, den sie ihr brachten, und verlieh dem neuen
Volke ihren Schutz.
Zu den Füßen der Göttin, erst nur in bescheidener Linie,
unter dem Felsenkranze und diesen entlang, dann Straße nach
Straße weiter hinabsteigend in die braune Ebene, immer tiefer
zum Meere hinab, erst nur in bescheidenen und engen Häusern,
dann in schöneren und immer weiter ausgreifenden, in Oliven⸗
gärten gebetteten Gebäuden erstanden die Behausungen der
Menschen, wuchs Akragas die Stadt. Aber weil diese Men—
sehen fromm waren, und nicht vor Athene allein, sondern vor
allen Göttern ehrfürchtige Scheu hegten, beschlossen sie, auch
den anderen Göttern Häuser zu errichten, damit sie unter ihnen
wohnten. Dazu als geeignetsten Platz ersahen sie sich die Stelle,
wo die braune Ebene einige tausend Schritte über dem flachen
Strand des Meeres in senkrechtem Felssturz zu diesem herab⸗
steigt. Dies, sagten sie, soll die südliche Mauer unserer Stadt
werden, und auf dieser Mauer, auf der Kante des Felssturzes,
erbauten sie alsdann aus dem wachsbraunen Gestein, das ihnen
die Berge schenkten, Tempel an Tempel, eine ganze Reihe, eine
Götterstadt neben der Menschenstadt, so daß es nicht anders
aussah als wäre der ganze Olymp zu Gaste gekommmen in
Akragas, so schön, so groß und gewaltig, wie es auf Erden
nie vorher etwas Herrlicheres gegeben hatte und nie später
nachher, und so, daß noch heute dem Wanderer, der zu den
Trümmern der Tempel hinaufblickt, die Knie sich beugen in
Ehrfurcht und die Hände sich unwillkürlich erheben, als müßte
er beten: „O ihr Götter, ihr Götter Griechenlands!“
Da stand zur äußersten Linken, an der Ecke, wo die Felsen⸗
mauer herumbiegt, der Tempel der Hera von Lakinion, den
später die Römer den der Zuno Lucina nannten. Dem folgte