268 Auf den Trümmern von Akragas
sie, hier ist A-Kraugé, das heißt „ohne Geschrei“, und daher
kam später der Name „Akragas“.
Wie ein Diadem, das die Stirn eines Götterhauptes um—
windet, so lief ein Felsenkranz um den obersten Rand der
Hügel; wie braunes Haargelock quoll unter dem Felsendiadem
die braune Erde hervor, zum Strande herab, und vom Rande
der Hügel bis hinunter ans Meer in breiter, sanfter, allmählich
absteigender Senkung lag vor den Ankömmlingen das neue Land
wie eine mächtige, weiche, von der Sonne dunkel geküßte Frauen⸗
brust, die ihnen entgegenschwoll: „Kommt her zu mir, denn
hier ist Fruchtbarkeit und Reichtum und Fülle des Lebens für
Millionen und für Jahrtausende.“
Darum, nachdem das schweigende Staunen noch eine Zeit⸗
lang gedauert hatte, durchbrach jählings ein donnernder Schrei
die Stille, nicht ein durcheinander wogendes Geschrei, sondern
ein Ruf, der aus all den vielen tausend Kehlen wie der Schrei
eines einzigen Mannes hervorbrach, als hätten all die vielen
Tausend nur einen und denselben Gedanken gedacht, ein und
dasselbe Gefühl gefühlt: „Hier wollen wir bleiben und unsere
Stadt erbauen!“
Von den Schiffsborden sprang es herab: Männer, Frauen
und Kinder, das ganze Volk; an den Tauen wurden die Schiffe
ans Ufer gezogen und auf dem Strande verpflöckt; dann, wie
ein Schwarm von Zugvögeln, die das Ende der Wander-⸗
fahrt, die Heimat begrüßen, zogen sie jauchzend die braune
Ebene dahin, bis hinauf, wo das Felsendiadem die Hügel
droben krönte, und dort oben, wo ein breiter, mächtiger Felsen,
wie eine Perle, die das Diadem schließt, aus dem Felsen⸗
kranze hervorsprang, beschlossen sie, den ersten Stein einzusenken,
das erste Gebäude zu erbauen, das sollte ein Tempel sein, und
geweiht sollte der Tempel sein der Göttin, die allen Hellenen
vor allen Göttern und Göttinnen heilig und teuer war, der
Tochter des Zeus, der Athene.