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Auf den Trümmern von Akragas. Eine Mär

Full text: Blätter vom Lebensbaum / Wildenbruch, Ernst von (Public Domain)

Auf den Trümmern von Akragas 
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eKonigsmumie, braun und müde“ — in einem 
Freiligrathschen Gedichte habe ich das ge— 
lesen, bald fünfzig Jahre sind es her, einem 
farbenglühenden, das ich mit glühender 
Knabenseele verschlang. Von einem Löwen 
ist in dem Gedichte erzählt, der am „Nil—⸗ 
strom in der Wüstenei“ steht und brüllt — 
„sein Brüllen tönt so hohl und wild“ — es erschüttert Luft 
und Länder ringsum, und „die Königsmumie, braun und müde, 
erweckt's im Schoß der Pyramide“. 
Unablässig ging meine Phantasie dem Bilde nach, in die 
Pyramide kroch sie hinein und beobachtete, wie das da drinnen 
aufwachte, das tote, braune Ding, wie es die Augenlider von 
den verglasten Augen schob, den Oberleib aufrichtete, langsam 
alles, langsam, und wie es lauschte: „Wer ruft da? Wer weckt 
mich?“ Wie dann allmählich, indem die Stimme des Weckers 
draußen verhallte, der Berg sich wieder niedersenkte, der lastende, 
den man Todesschlaf nennt, wie die Augenlider herabfielen, die 
Glieder wieder zurücksanken, und die Mumie wieder zur Mumie, 
der Tote zum Leichnam wurde, um weiter zu schlafen in die 
Jahrtausende hinaus, wie er Jahrtausende bereits verschlafen 
hatte. Denn daß etwas, das dem Tode verfallen ist, nicht mehr 
hinaus kann aus dem eisernen Bann, das sagte mir mein 
Knabenverstand wohl; aber daß es für Augenblicke wieder auf - 
wachen, noch einmal zurückdenken könne an das gelebte Leben — 
o ja — das konnte ich mir vorstellen, das schien mir nicht un— 
denkbar. Woher mir der Glauben kam? Kaum, daß ich es 
zu sagen wüßte. Vielleicht, daß es eine Vorahnung war, daß 
ich später, viel später einmal im Leben erfahren sollte, daß so 
etwas wirklich geschehen, Totes, das einmal ganz lebendig ge— 
wesen, für Augenblicke wiedererwachen, Gedanken, die es vor 
Zeiten gedacht, noch einmal denken, aus der eisigen Erstarrung 
noch einmal aufblühen kann zum warmen, duftenden Leben.
	        
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