240 J Die neue Verordnung über den Schillerpreis
Unter dem 10. November dieses Jahres ist nun eine neue
Verordnung über die Behandlung des Schillerpreises erschienen,
durch welche die Bestimmungen des Stiftungspatents von 1859
einige nicht unerhebliche Veränderungen erfahren.
Die Abweichungen von den früheren Bestimmungen sind
in den drei ersten Artikeln der neuen Verordnung enthalten,
von denen Artikel 1 besagt, daß der Preis nicht, wie bisher,
alle drei, sondern nur alle sechs Jahre, und dann jedesmal im
doppelten Betrage des bisherigen Preises zur Erteilung ge—
langen soll.
Artikel 2 bestimmt, daß um den Preis die innerhalb der
letzten zwölf Jahre herausgegebenen, aufgeführten oder über—
haupt verfaßten Stücke konkurrieren sollen.
In Artikel 3 endlich behält sich der Kaiser, für den Fall,
daß mehrere Werke von der Kommission in Vorschlag gebracht
werden, die Auswahl darunter vor. Die Werke sollen von der
Kommission unter Angabe der Reihenfolge namhaft gemacht
werden.
Die öffentliche Meinung hat in diesen zuletzt angeführten
Bestimmungen des Artikels 3 die wesentliche Neuerung zu finden
geglaubt und sich darüber besonders erregt. Man nimmt an,
und zwar mit Recht, daß bei einer Prüfung, die sich, der
jetzigen Vorschrift gemäß, über einen Zeitraum von zwölf
Jahren erstrecken soll, der Fall zur Regel werden wird, daß
mehrere Stücke zur Erteilung des Preises in Vorschlag gebracht
werden. Hieraus ist die Ansicht entstanden, daß der Kaiser,
indem er sich die Auswahl unter diesen Stücken vorbehält, sein
Urteil also zum entscheidenden Faktor und die Kommission zu
einer nur begutachtenden Behörde macht, sich eine neue Befug—
nis, ein Recht zugelegt habe, das Kaiser Wilhelm J. vor ihm
nicht für sich in Anspruch genommen hatte.
Diese Ansicht ist durchaus irrtümlich, und nach dem, was
ich oben gesagt habe, bedarf es kaum der Ausführung darüber,