Die neue Verordnung über den Schillerpreis 237
Tragödie: „Heinrich und Heinrichs Geschlecht‘ zu verleihen
geruht.“
Kaiser Wilhelm hat also, wie bereits oben ausgeführt
war und hier noch einmal im einzelnen nachgewiesen ist, seine
persönlichen Entscheidungen nie anders als in der Art eintreten
lassen, daß er ihm mißliebige Vorschläge verwarf.
Ich habe bereits ausgesprochen und wiederhole hier noch
einmal, daß ich den dadurch entstandenen Zwiespalt im In—
teresse der dramatischen Sache auf das tiefste beklage. Die
durch Hader und Parteiwut heute schon so verbitterte Tätigkeit
des deutschen dramatischen Dichters muß zu einer beinahe ab—
schreckenden werden, wenn der Dichter gezwungen wird, der
Erreichung der höchsten Auszeichnung beinahe mit Sorgen ent⸗
gegen zu gehen, weil er sich sagen muß, daß die Verleihung
ihn in den Augen einer Partei sofort zu einem Angehörigen
der ihr gegenüberstehenden, feindlichen Partei stempeln, daß
sie ihm den kränkendsten aller kränkenden Vorwürfe auf das
Herz ziehen wird, als hätte er seine Auszeichnung nicht redlichem
Wollen und Können, sondern charakterloser Liebedienerei zu
verdanken.
Ich kenne die Beweggründe nicht, die den Kaiser zur
Verwerfung der Kommissionsvorschläge getrieben haben, und
wenn ich auch meine Vermutungen darüber hege, so wäre es,
eben weil es nur Vermutungen sind, ohne tatsächlichen Wert,
wenn ich mich hier darüber ausließe. Die Gerechtigkeit aber
verlangt, dem Ursprung des Zwiespalts nachzugehen, die Ge—
rechtigkeit und die Wohlfahrt des Vaterlandes, denn ein natio—
nales Unglück würde es bedeuten, wenn im deutschen Volke die
Meinung Platz griffe, daß der deutsche Kaiser nur aus
Willkür und vielleicht wohl gar aus Haß gegen die Gebildeten
seines Landes sich in Gegensatz zu deren Anschauungen stellte.
Und weil so wichtige Fragen nutzbringend nur behandelt werden
können, wenn sie freimütig besprochen werden, so sei es mir ge—