Die neue Verordnung über den Schillerpreis 231
on Reisen zurückkehrend, finde ich die öffent—
liche Meinung in tiefer Erregung über die
unterm 10. November dieses Jahres ergan—
gene Verordnung, durch welche das Stif—
tungspatent des Schillerpreises von 1859 er⸗
hebliche Änderungen erfährt.
Alle Zeitungen, auch die „National-Zei—
tung“, haben sich zur Sache geäußert. Warum ergreife ich
nachträglich noch einmal das Wort dazu? Es wäre für mich
viel bequemer, wenn ich schwiege. Denn weil ich unparteiisch
zu sprechen gedenke, werde ich es sicherlich nicht diesem noch
jenem, vielleicht niemandem recht machen. Niemand hat mich
zum Sprechen aufgefordert. Tue ich es nur deshalb, weil in
den Besprechungen immer wieder mein Name genannt und die
Verleihung des doppelten Preises an mich im Jahre 1896 er⸗
wähnt worden ist, und weil es mir darauf ankommt, diesen
Vorgang einmal so zu beleuchten, daß fernere Mißdeutungen
desselben unmöglich gemacht werden? Das könnte mich veran⸗
lassen, würde mich aber, wenn es das alleinige Motiv wäre,
nicht dazu bringen, Kraft und Ruhe, die ich zum Schaffen
brauche, an eine Arbeit zu wenden, die mir Unruhe bereitet
und vielleicht neue Anfeindungen zuziehen wird.
Warum also spreche ich dennoch?
Weil es sich um eine für das geistige Leben Deutschlands
außerordentlich ernste Angelegenheit handelt. Weil ich in eine
Erbitterung und Verbitterung der Gemüter blicke, die mich er—
schreckt, die mir den herrschenden Zustand als eine Gefahr,
beinahe schon als einen Notstand erscheinen läßt. Und weil
ich der Ansicht bin, daß es unter solchen Umständen für einen
Mann, der seinem Vaterlande angehört, Pflicht und Gewissens⸗
sache ist, nicht untätig zu schweigen, sondern den Mund aufzutun,
denen, die nicht genau Bescheid wissen, Bescheid zu geben,
damit sie sich selbst ein Urteil bilden können, denen, die han⸗