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Großherzog Karl Alexander

Full text: Blätter vom Lebensbaum / Wildenbruch, Ernst von (Public Domain)

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Großherzog Karl Alexander 
Seite sich die Wage senkt. Seine Zeit geht zu Ende — 
das Gefühl wird jeder mit mir teilen, der den Großherzog Karl 
Alexander gekannt hat, denn er stellte in seiner Persönlichkeit 
einen Zeitabschnitt dar, verkörperte in sich das Bewußtsein dieser 
Zeit. Nie ist mir ein Mensch im Leben begegnet, der sich selbst 
so als „Repräsentant“ empfunden, der so mit vollem Bewußtsein 
seine Persönlichkeit einem Begriff untergeordnet hätte, einem 
hohen Begriff, einem erhabenen, dem, was er die Tradition 
seines Hauses nannte. Dieser mit allen Kräften zu dienen, 
erschien ihm als Pflicht und Lebensaufgabe, als Lebensaufgabe, 
in der er seine Individualität aufgehen ließ, ohne Vorbehalt 
und ohne Rest. 
„Sage mir, was du als deine Pflicht erkennst, und ich 
will dir sagen, wer du bist“ — wenn dieses Wort wahr ist — 
und ich glaube, es ist wahr — dann hat Deutschland in dem 
Dahingegangenen viel verloren, dann war dieser Fürst ein 
wahrer, echter, von der Natur berufener Herrscher. Denn 
woran erkennt man einen solchen? Welche Eigenschaften sind 
es, die heutzutage gegenüber unserer konstitutionell-republikanischen 
Empfindungsweise einem Menschen noch das innerliche Recht 
verleihen, über den anderen zu stehen? Doch nichts anderes, 
als daß dieser Mensch sich mehr als jeder andere untertan fühlt 
einem großen allgemeingültigen Gedanken, einem innerlich ge⸗ 
schriebenen Gesetz, der Wohlfahrt des Landes, und daß er sich 
mehr als jeder andere befähigt und entschlossen zeigt, Opfer zu 
bringen, und unter diesen das größte, das seiner persönlichen 
Willkür und Neigung. 
In diesem Sinne hat Großherzog Karl Alexander während 
einer beinahe fünfzigiährigen Regierungszeit Herrscherpflicht er— 
füllt; nie auffällig hervortretend nach außen, aber innerlich un— 
ablässig, nie flackernder Moment, aber immerfort lautlos treibende 
Energie, immer erfüllt von der Gewalt, die man, so lange man 
jung ist, unterschätzt, weil sie unscheinbar ist, und die, je älter
	        
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