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Am Matthäikirchplatz. Eine Phantasie zum 6. Januar 1900

Full text: Blätter vom Lebensbaum / Wildenbruch, Ernst von (Public Domain)

Am Matthäikirchplatz 
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du, und ein Quellenerforscher, und wenn du mit dem Tranke, 
den du geschöpft hast, herantrittst an die Heerstraße, dann bleiben 
die Menschen stehen und trinken von deinem Tranke, und laben 
sich daran, dann empfangen sie aus deinem Tranke das Be— 
wußtsein, das hinaushebt über Jammer und Not des Augenblicks, 
und das Alltagsleben ertragbar macht, das Bewußtsein vom 
weisheitsvollen Zusammenhange aller Dinge, vom ersten Tage 
bis auf den heutigen. 
„Und sie bleiben stehen, die Menschen, in immer größerer 
Zahl bleiben sie stehen, um zu trinken von dem, was du ihnen 
bietest; sie danken dir, Herman Grimm, in deutscher Sprache 
danken sie dir, in englischer und französischer, in allen Sprachen 
der kultivierten Welt. Und weil Berlin deine Heimatstadt ge— 
worden ist, seit langen Jahren, so komme ich, der Genius deiner 
Heimatstadt, und sage dir, ich bin stolz darauf, daß du zu den 
Meinigen gehörst. Zu deinem zweiundsiebzigsten Geburtstage 
sage ich dir, bleibe bei uns, Herman Grimm, so wie du bei 
uns gewesen bist, noch lange, wir brauchen dich. Bleibe du 
einsam in deinem heiligen Schweigen, in deinem lautlosen 
Zwiegespräch mit den großen Geistern aller Zeiten, damit, wenn 
du den Mund auftust und uns verkündest, was du von ihnen 
erfuhrst, die Menschen sich inne werden des Worts: ‚Nur 
die schweigenden Seelen vernehmen das Geheimnis der Welt.“ 
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