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Das deutsche Drama. Seine Entwicklung und sein gegenwärtiger Stand

Full text: Blätter vom Lebensbaum / Wildenbruch, Ernst von (Public Domain)

Das deutsche Drama 
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die Grundbedingungen seines staatlichen Daseins zur Geltung 
zu bringen; im Innern zerrissen in sechsunddreißig sogenannte 
Bundesstaaten, von denen einzelne nicht viel größer als eine 
Nußschale, die aber alle nur von einem Bestreben erfüllt waren, 
ihre geheiligte Sonderexistenz aufrecht zu erhalten. Unter der 
gefirnißten Oberfläche dieses kläglichen, mit künstlichen Mitteln 
zusammengeleimten und gehaltenen Baues das dumpfe Murren 
eines großen Volkes, das die Unwürdigkeit zu empfinden be— 
gann, in der es gehalten wurde, in dem sich stärker und stärker 
das Bedürfnis zu regen begann, zu werden, was die Völker 
rings umher sehon lange waren: ein einheitliches Volk; und 
daraus wieder entspringend eine Verschwörung der Gewalthaber, 
die sich durch solche Volksstimmungen bedroht fühlten und nun 
mit der Grausamkeit der Feigheit gegen alle Kundgebungen 
dieses tiefberechtigten und gerechten Unwillens einschritten. 
Nichtdeutschen Menschen wird es schwer fallen, sich den 
jammervollen Zustand vorzustellen, in dem ein großes, kraft seiner 
Begabung zu allen höchsten Aufgaben der Menschheit befähigtes 
und berufenes Volk jahrzehntelang hinzuschmachten verdammt 
war. Nichtdeutsche Menschen müssen sich aber bemühen, diese 
Vorstellung in sich zu erwecken, wenn sie die ungeheure Wirkung 
begreifen wollen, die es in Deutschland hervorrufen mußte, als 
endlich ein Staatsmann erschien, der diese murrende Stimme 
seiner Nation verstand, der einsichtig genug war, zu erkennen, 
daß dieses Grollen nicht die Zerstörung, sondern das Leben 
verkündete, und der den Mut besaß, statt wie bisher gegen 
diese Macht, mit ihr vereint zu gehen und Deutschland durch 
eine „Revolution von oben“ zu retten. 
Zu der Zeit aber, als die Dichterschule des „jungen Deutsch- 
land“ schrieb, war dieser Wille, wenn auch schon geboren, doch 
noch nicht am Werk, und nichts deutete sein Kommen an. Für 
sie gab es daher als treibende Macht nur ein Gefühl, das der 
Sehnsucht, der Sehnsucht, aus den Verhältnissen herauszuge—
	        
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