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fänglich zu vermeiden, auf die Angelegenheit überhaupt einzu—
gehen.
Das Barett schief auf dem Kopf, saß er umhüllt von seiner
Faustschaube malerisch vor dem Schreibtisch, im Polsterstuhl
zurückgelehnt, hatte ein Bein auf den nebenstehenden Sessel
gelegt und rauchte Zigaretten.
„Jaa“, brachte er endlich in sehr schläfrigem Tone heraus,
„seht einmal: ein Prozeß, das ist immer ein Lotteriespiel. Da
kann man den Ausgang auch nie voraussehen; und es wird
immer anders: das wissen wir Praktiker genau. Das Publi—
kum hat nu aber mal die Prozeßwut!“ Er lachte überlegen.
„Mag sein, ich muß aber schließlich zu meinem Recht
kommen; ich kann mir doch das Brot nicht einfach vom Munde
wegnehmen lassen, und da es eben keinen anderen Weg als
den Prozeß gibt ..“
„Lieber Freund“, machte Lehmann mit unendlicher Über⸗
legenheit, „das ist nun einmal so in der Welt!“ Er schob ihm
eine Schachtel Zigaretten hin. „Raucht doch!“
Feininger dankte und schob die Schachtel wieder zurück.
Mit ungeheurem Wohlbehagen paffte der Dicke weiter,
immer in burschikoser Haltung, nunmehr beide Füße auf dem
Stuhl.
„Wenn man einmal einen Prozeß anfängt, so muß man
seiner Sache auch ganz sicher sein!“ Er sprach sehr langsam
und gedehnt. „So habe ich es jetzt gemacht! — Ich sehe da
unlängst in der Friedrichstraße in einem Papierladen ein Plakat:
„Hundert Visitenkarten eine Mark zwanzig'. Na, ich gehe selbst—
redend gleich rein und gebe dem Fräulein, wo da bediente, den
Text auf.“ Ein höhnisches Lächeln überflog seine Bierbrauer—
züge. „Also schreiben Se, sag' ich“ — er zählte die Zeilen an
den Fingern —: „Doktor juris Ludwig Lehmann. — Schrift⸗
—DDDDDD
Weltgeist.. — Erster Vorsitzender des „Allgemeinen Deutschen
Journalisten-Bundes“‘. — Herausgeber des Fachblattes „Die