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über mich habt Ihr Euch doch wahrlich nicht zu beklagen; ich
wüßte auch nicht, daß ich Eure Interessen zu Gunsten Stau—
digls vernachlässigt hätte!“
Ein höhnisches Lachen antwortete.
Feininger wurde jetzt noch gereizter und fragte eindring—
lich: „Was hätte ich denn tun sollen? Was habe ich denn
unterlassen?!“
Der Dicke stutzte erst. Dann begann er weiter zu poltern.
„Na überhaupt: Was geht denn mich die ganze geschäftliche
Theatergründung an! Es ist ja lächerlich! Es ist einfach skan—
dalös! Ich bin ein Schriftsteller, den eine geheime, aber tiefe
Neigung zur Kunst hinzieht! Und diese heutige miserable Zeit,
die sich gegen alles ideale Streben geradezu verschworen hat,
zwingt mich in solche Unternehmungen! Mein Werk, mein Stück
will ich aufgeführt sehen, und keiner, keiner fördert mich!
Mich — und meine sieghaften Ideale! Und am allerwenig—
sten Ihr, Feininger!“ Dabei schlug er wieder mit der geball—
ten Faust auf seinen mächtigen, breiten Brustkasten, der gleich—
sam einen dröhnenden Resonnanzboden seiner sittlichen Über⸗
zeugung abgeben sollte.
Trotz der gespannten Situation wurde es Fesninger jetzt
humoristisch zu Mute. Er lachte: „Ihr Bierbrauer mit dem
Dichterwahn!“
Dafür mußte ihm Lehmann eines auswischen: „Von mir
kann niemand behaupten“, begann er, „daß ich nichts leiste,
daß ich nichts könnte. Wenn ich aber solche Gedichte machen
wollte, wie Ihr heute in den ‚Lustigen Blättern‘“, — na!“
„Jetzt werdet Ihr wieder persönlich und greift das Gedicht
von mir an! Ein hervorragendes Kunstwerk ist es ja nicht, —
aber es hat mir eine Monatsmiete eingebracht. Doch jetzt
fühlte ich aus Eurer Kritik nur deutlich den ürger und die
Eifersucht heraus!“
Feininger gewann nun einige überlegenheit, und das
machte ihn wieder geduldiger, weitere Rohheiten dieses Menschen
zu ertragen.