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Herr Doktor Lehmann

Full text: Kunstkaufleute / Jellinek, Josef (Public Domain)

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mitteln überhaupt von „gestalten“ sprechen konnte, — war 
immer wieder Lehmanns Ich selbst. 
Nachdem er eine Weile geschrieben hatte und sein Gedan— 
kenfaden abermals gerissen war, begann er seinen Roman von 
Anfang an zu lesen. 
Da beschlich ihn ein starkes Gefühl von Unbehagen. Es 
war ihm selbst zu Mut, als ob er Papier kaute. 
Die ersten Seiten hatte er offenbar in einer schwungvollen 
Stimmung verfaßt. 
Das war aber gerade der Gegensatz von der naturalisti— 
schen Schreibart, deren er sich zuletzt befleißigen wollte. „O 
die Gebrüder Goncourt!“ — 
Hier war ein behäbiger Familienblattstil, der sich nur von 
den „Gartenlaube- und Frauenzeitungsromanen durch seine 
breitgetretenen Plattheiten unterschied. Hier war ein rednerisches 
Pathos, mit dem er dem Publikum lederne Weisheiten und 
Banalitäten zu versetzen suchte. 
Wieder machte er unwillig einige Schritte im Zimmer. 
Er war wütend. „Was die Muse, dieses Weibsbild, doch 
manchmal für Launen hat! Wie ein sprödes Mädel. Und das 
mir gegenüber! — Wenn mich jemals eine wirkliche Frau so 
mit ihren Weiberlaunen behandelt hätte, ich hätte, weiß der 
Teufel, ausgeholt und ihr mit der verkehrten Hand eine ins 
Jesicht geschlagen!“ 
Lehmann hätte aber jetzt in diesem Moment aus reiner 
Schadenfreude die bösesten Witze reißen können, über einen, „der 
will und nicht kann,“ ohne zu bedenken, daß er ja selbst der 
eine sei. Er hätte jetzt jeden prügeln mögen, der ihn verhöhnte! 
In seinem Schädel wirbelten alle möglichen Gedankengänge 
kraus durcheinander. Verärgert schmiß er das Manufkript in 
die Schublade. 
Da klopfte es zaghaft an der Türe. 
„Ja, zum Donnerwetter!“ brüllte er. 
Sydow wars. 
„Ach Herr Do⸗doktor: i⸗ich memöchte jetzt lieber na-nach
	        
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