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davon lassen sollen; vasteh'n Se! Wie offte soll ich Ihnen
denn det noch sagen! Müssen Se ma denn in Ihren chro—
nischen Ordnungssinn jerade meine schensten Bücher imma und
imma wieder, trotz meiner täglichen Vorhaltungen dort hinauf—⸗
stapeln!“ Er zeigt auf das Tischchen neben dem Bücherschrank.
Frau Zibbe hatte stumm eine Decke über den Tisch ge—
breitet, die Papiere zusammengeknüllt, in die Schürze gesteckt
und schlurfte nun mit dem Geschirr seufzend hinaus.
Lehmann wischte sich den Bart, strich sich mit einer thea—
tralischen Pose durchs Haar, schritt erst einige Male im Zim—
mer auf und ab und warf dabei mehrere Tauschexemplare von
Zeitschriften, die mit der Morgenpost gekommen waren, ohne
sie durchgeblättert zu haben, nachlässig in der Mitte des langen
Arbeitstisches durcheinander. Ein Heft warf er aufgeklappt
auf die Chaiselongue.
Es klopfte.
„Ja!“ rief Lehmann gegen die Tür gewendet.
Da steckte Sydow den Kopf halb zur Türe herein:
Se⸗se⸗störe ich, Hecherr Do-doktor?“
„Rrrrein, Windhund!“
„A⸗also“, begann er vor Freude noch beschwerlicher, und
kam nun ganz herein: „a⸗alle d-d-rei Ka-cka, Ka-ka, Ka⸗kadet—
teten sind Mi-⸗mi, Mi⸗mitg-glieder! Fef⸗-fein, nenicht?“
„Det ham Se jut jeschob'n!“ lobte Lehmann.
Sydow wollte Lehmanns Geneigtheit gerade heute ganz
besonders gewinnen und beeiferte sich, ihm, dessen Inszenierungs—
kunst er sich bereits angeeignet hatte, dienstbeflissen und mit
erneuter Liebenswürdigkeit diverse Bücher vom Tischchen zu—
zureichen.
„Das „Go⸗goldene Beb-buch der Litera⸗ta⸗ta⸗tur, hie-hier—
her, ni⸗nicht wahr?“ fragte er und legte es auf die Tischkante
nächst der Türe.
Neben dem dickbäuchigen und kleinen goldgepreßten Werk
machte sich aus dem Zyklus ,Das Buch der Berufe“ der VIII.
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