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Full text: Die steile Stufe / Heilborn, Ernst (Public Domain)

121 — 
Man sei geradezu genötigt, Ausflüchte zu machen, 
weil die Ansprüche blieben, der Mensch sich wandle. 
Und nun? Nun er frei war? Aber man war eben, 
Gott sei es geklagt, niemals frei. 
Er wollte sich diese ganze Gedankenlast aus dem 
Sinn schlagen, um endlich schlafen zu können. An 
etwas Berufliches wollte er denken. Das würde 
ihn beruhigen. 
Der arme Penzig! Der lag jetzt auf minder 
weichem Bette, denn die beantragte Haftentlassung 
war abgeschlagen worden. Aber vielleicht schlief er 
trotzdem? 
Wie hatte doch der Kollege gesagt, als er von 
seiner Schlaflosigkeit gesprochen hatte? „Glauben 
Sie mir, lieber Freund, es ist furchtbar, wenn der 
Mensch nicht mehr schlafen kann.“ 
Und wenn auch das Lüge war? Welchen Be— 
weis hatte er für Penzigs Unschuld? Vielleicht 
war auch sein berufliches Wirken nichts als ein 
Säen von Lüge, Lüge, Lüge ... Aber das war ja 
Wahnsinn! 
Der Justizrat begann zu zählen, denn er wollte 
nun wirklich schlafen, und vielleicht erwies sich das 
oft empfohlene Mittel wirksam. Aber mitten in 
seine Zahlenreihen tönte eine ferne Glocke hinein, 
so daß er von neuem anfangen mußte. Es hatte 
zwölf geschlagen.
	        
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