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schleierten. Wer diese halb verschollene Technik
gekannt hat, wird verstehen, daß Mutter damals
jede blanke Fläche, jeden Glas- und Porzellan⸗
gegenstand wie ein Löwe gegen unsere Ver—
schönerungsgelüste verteidigen mußte. Unver⸗
sehens klebte dennoch plötzlich eine Landschaft
auf dem großen Stehspiegel oder ein dickes
Blumenstück neben dem Schlüsselloch der Ma—
hagoni⸗s Kommode. „Schmücke Dein Heim!“ —
Die Tuschfarben hatten für uns etwas Dämo—
nisches. Sie waren ja so giftig, so giftig!
Das stechende Apfelgrün, der blendende Zin—
nober konnten uns auf der Stelle umbringen,
wenn sie wollten. Nur einmal daran lecken,
und unser Schicksal war besiegelt. Und doch
mußten sie folgen, sich „mischen“ lassen, um
unsere Münchener Bilderbogen zu verschönern.
Die Eltern litten keine Kleckserei bei unsern
Malereien. Sie interessierten sich beide für
unsere Kunstversuche. Mutter stieg zu uns herab
und lehrte uns alles schön bunt malen, wie unsere
mehr als Böcklin'sche Farbenfreudigkeit es sich
wünschte, Vater, der etwas vom Aquarellieren
verstand, versuchte uns hinaufzuziehen. Er
mochte keine Herren in vergißmeinnichtblauen