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Die Poesie unserer Kinderstube

Full text: Aus dem Bilderbuch einer reichen Kindheit / Malberg, Anna (Public Domain)

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schleierten. Wer diese halb verschollene Technik 
gekannt hat, wird verstehen, daß Mutter damals 
jede blanke Fläche, jeden Glas- und Porzellan⸗ 
gegenstand wie ein Löwe gegen unsere Ver— 
schönerungsgelüste verteidigen mußte. Unver⸗ 
sehens klebte dennoch plötzlich eine Landschaft 
auf dem großen Stehspiegel oder ein dickes 
Blumenstück neben dem Schlüsselloch der Ma— 
hagoni⸗s Kommode. „Schmücke Dein Heim!“ — 
Die Tuschfarben hatten für uns etwas Dämo— 
nisches. Sie waren ja so giftig, so giftig! 
Das stechende Apfelgrün, der blendende Zin— 
nober konnten uns auf der Stelle umbringen, 
wenn sie wollten. Nur einmal daran lecken, 
und unser Schicksal war besiegelt. Und doch 
mußten sie folgen, sich „mischen“ lassen, um 
unsere Münchener Bilderbogen zu verschönern. 
Die Eltern litten keine Kleckserei bei unsern 
Malereien. Sie interessierten sich beide für 
unsere Kunstversuche. Mutter stieg zu uns herab 
und lehrte uns alles schön bunt malen, wie unsere 
mehr als Böcklin'sche Farbenfreudigkeit es sich 
wünschte, Vater, der etwas vom Aquarellieren 
verstand, versuchte uns hinaufzuziehen. Er 
mochte keine Herren in vergißmeinnichtblauen
	        
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