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und Hedwigs dabei ansichtig wurde, da war ihm wieder
recht schwül zumute geworden, denn er sagte sich, daß er
sich leider doch nicht getäuscht hatte. Aber da die runde
Hedwig kein Wort sprach, so hatte er sich eben auch nichts
wissen gemacht; ganz im geheimen jedoch graute ihm
vor dem Tag, da dieses Steinbild, diese Hedwig an zu
reden fangen würde. Und, wenn er auch hoffte und flehte,
daß der nie käme, so war diese Hoffnung doch nicht stark
genug, um seine Furcht vor dieser Stunde bannen zu
können.
Langsam aber kam es so im Haus auf, daß mit
dieser Hedwig von Markowskis etwas los sei. Pieseckes
sprachen darüber, und die Mädchen tuschelten es sich abends
auf der Hintertreppe zu, und Herr Tesch kniff das eine
Auge ein, schlenkerte die Finger, daß die Gelenke knackten,
und sagte bei jeder Gelegenheit: „Au, Kubinke, wat is 'n
mit Ihre Stiefliebste?!“
Das ging Wochen und Wochen so, und alle wußten
es und hatten sich schon mit der Tatsache abgefunden,
nur Markowskis waren völlig ahnungslos; so lange,
bis eines schöͤnen Tages die Vorstandsdame vom, Jugend⸗
hort‘, die gerade bei Frau Markowski eine wichtige
Frage anschnitt und dazu drei Tassen Kaffee trank — bis
diese Dame, nachdem Hedwig das Zimmer verlassen hatte,
den Mund auftat.
Meine Liebe,“ sagte sie in jener schönen, rücksichts—
losen Sicherheit, die sie von vielen Versammlungen und
Sitzungen her auch für das tägliche Leben angenommen
hatte, „meine Liebe, Sie können aber dieses Mädchen
wirklich nicht länger mehr im Hause behalten.“
„Aber warum, Frau Geheimrat?“ entgegnete Frau
Markowski erstaunt.