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Über die Würde

Full text: Sehnsucht / Hermann, Georg (Public Domain)

allgemein gültig. Fahre hundert Meilen, 
und es ist wertlos. Deine Enkel werden 
vielleicht in hundert Jahren schon all das 
überholt haben — betrachte diese Dinge aus 
der nötigen Distanz, und sie werden dir ein— 
zig ein Lachen abnötigen. 
Ich meine immer, an dem Tag, wo jene ganze 
Maskerade von Würde, die an uns vorüber— 
tanzt, der vollen Lächerlichkeit preisgegeben 
ist, wird die. Menschheit ihren ersten freien 
Atemzug tun. 
Fontane hat es als einen Charakterzug von 
sich angegeben, daß ihm jedes Gefühl für 
Feierlichkeit mangle, das heißt, daß er für 
die Würde anderer keinen Sinn habe. Und 
es scheint mir ein Charakteristikum des mo— 
dernen Menschen überhaupt zu sein. Schon 
Heine, in dem sich die moderne Seele zum 
ersten Mal ihrer selbst bewußt wird, bittet 
einen nunmehr gewürdeten Freund, ihm mit 
dem Gemeinplatzschwalle von Hochgefühlen 
vom Hals zu bleiben. 
O Gott, ich weiß, in deiner goldbetreßten 
Hofuniform gar kümmerlich steckt nur 
Ein nackter Mensch, behaftet mit Gebresten, 
Ein seufzend Ding, die arme Kreatur. 
Und trotzdem — niemand wird verlangen, 
bo
	        
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