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„Wen meinen Sie?“ fragte Weltlin, der nicht
sah, nach welcher Richtung Schinkowski blickte.
„Ich meine Ihren Freund Günther. Ist kaum
30 Jahre alt, ist heute Direktor der Kasseler Bank
in Berlin mit einem Einkommen von 30 000 Mark.
Da sehen Sie ihn doch nur an! Sieht der nicht aus,
wie die blühende Gesundheit in Person?“
Weltlin nickte zustimmend. Die Bemerkung
Schinkowskis tat ihm sehr wohl. Denn warum
fehlte Günther bei keiner Gesellschaft im Hanse
Weltlin? Warum gab es diesen Sonnabend
wieder eine fête? Doch nur Günthers wegen.
Es war ja offenbar, daß Günther sich für Elpira
interessierte trotz ihrer Sommersprossen und trotz
ihres philiströsen Wesens, das er als Papa nie
begriff. Und kam diese Partie zustande, dann war
die Brücke zur Kasseler Bank geschlagen, und
Weltlin konnte wieder einmal aufatmen. Sein
Schwiegersohn würde ihm schon irgendwie helfen.
Er wußte noch nicht, wie, aber wozu war er denn
Direktor der Bank? Es wunderte ihn nur, daß
Günther sich immer noch nicht entschied. Etwas
Nobleres und Vornehmereres als eine Verbindung
mit dem Hause Weltlin gab es doch kaum. Am
Ende wußte Günther, wie es finanziell im Hause
Kurfürftendamm 198 aussah. Ach Gott, sagte
sich aber gleich darauf Weltlin, nicht einmal ich
weiß, wieviel Schulden ich habe, und ein Fremder
sollte das wissen? Diese kurze AÄberlegung ver—
anlaßte ihn aber doch, sich fest auf Schinkowskis
Arm zu lehnen und ihm zuzuflüstern:
„Ich habe viel mit Ihnen zu reden!“
Bei Tisch, bei Tisch!“ beschwichtigte Schin—
kowski, „ich bin viel zu hungrig, um Ihnen zu—
zuhören.“