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Zweites Kapitel

Full text: Kurfürstendamm / Lothar, Rudolf (Public Domain)

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„Wen meinen Sie?“ fragte Weltlin, der nicht 
sah, nach welcher Richtung Schinkowski blickte. 
„Ich meine Ihren Freund Günther. Ist kaum 
30 Jahre alt, ist heute Direktor der Kasseler Bank 
in Berlin mit einem Einkommen von 30 000 Mark. 
Da sehen Sie ihn doch nur an! Sieht der nicht aus, 
wie die blühende Gesundheit in Person?“ 
Weltlin nickte zustimmend. Die Bemerkung 
Schinkowskis tat ihm sehr wohl. Denn warum 
fehlte Günther bei keiner Gesellschaft im Hanse 
Weltlin? Warum gab es diesen Sonnabend 
wieder eine fête? Doch nur Günthers wegen. 
Es war ja offenbar, daß Günther sich für Elpira 
interessierte trotz ihrer Sommersprossen und trotz 
ihres philiströsen Wesens, das er als Papa nie 
begriff. Und kam diese Partie zustande, dann war 
die Brücke zur Kasseler Bank geschlagen, und 
Weltlin konnte wieder einmal aufatmen. Sein 
Schwiegersohn würde ihm schon irgendwie helfen. 
Er wußte noch nicht, wie, aber wozu war er denn 
Direktor der Bank? Es wunderte ihn nur, daß 
Günther sich immer noch nicht entschied. Etwas 
Nobleres und Vornehmereres als eine Verbindung 
mit dem Hause Weltlin gab es doch kaum. Am 
Ende wußte Günther, wie es finanziell im Hause 
Kurfürftendamm 198 aussah. Ach Gott, sagte 
sich aber gleich darauf Weltlin, nicht einmal ich 
weiß, wieviel Schulden ich habe, und ein Fremder 
sollte das wissen? Diese kurze AÄberlegung ver— 
anlaßte ihn aber doch, sich fest auf Schinkowskis 
Arm zu lehnen und ihm zuzuflüstern: 
„Ich habe viel mit Ihnen zu reden!“ 
Bei Tisch, bei Tisch!“ beschwichtigte Schin— 
kowski, „ich bin viel zu hungrig, um Ihnen zu— 
zuhören.“
	        
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