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Tageshelle des von dunstigem Blau umzogenen
Bogenlichtes dahinschritten, sahen sie weniger auf die
vornehme Welt, die, in kostbares Pelzwerk gehüllt,
auf dem Trottoir promenierte, auf die lange Karossen⸗
reihe, durch welche sich klingelnd die Pferdebahnen
drängten, neben denen die alten Droschkengäule
trotteten; ihr Herz war vielmehr bei den Kleinen
vor den Puppen und Spielwarenhandlungen, bei
diesem seltsamen Gemisch aller Klassen, wie es nur
die Weltstadt bietet, mit den charakteristischen Aus⸗
rufen des kindlichen Erstaunens oder der Begehrlich⸗
keit — oder bei den armseligen verhungerten Gassen⸗
jungen, die, ihre Hampelmänner ausbietend, die
Schnarren drehend mit einem: „Nur einen Groschen!
Kaufen Sie doch!“ sich an sie drängten. Vor einem
Waffengeschäft blieb Marie stehen.
„Hier, Hans.“
„Wir werden schon noch eins finden.“
„Nein, ich will es.“
„Geh ein Stück voran, du darfsft nicht sehen.“
„Ja, ja!“ Aber sie blieb doch vor dem Schau—
fenster. Ob der fade Gigerl, der, sie lüstern musternd,
ihr Jackett streifte, wohl für möglich gehalten hätte,
daß dieses schöne, jugendfrische Weib diese auf sie
gerichteten kaltblitzenden Waffenläufe nur mit dem
Gedanken anstarrte: ‚In einer Stunde wird sich
ein solcher Lauf tödlich gegen deine Brust richten.