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letzte — Sie haben Mitleid gehabt, ein großherziges,
warmes Mitleid. Ich spürte es in Ihren lieben
Augen, in Ihrer lieben Hand. Das hat mir die
Kraft gegeben zur letzten That.“
Heiße Rührung stieg ihr vom Herzen empor;
das feuchte Auge schimmerte. Auf einmal wußte
sie, daß er ihr lieb war, lieber wie ihr Ruf, ihr
Leben, keber wie alles. „Wenn es das letzte Mal
ist, so soll keine Lüge zwischen uns sein. Ich bin
nicht zufällig hier stehen geblieben; ich wollte zu
Ihnen.“
„Dann ist zu Haus bei Ihnen etwas vor—
gefallen?“
„Allerdings!“ Mit feierlicher Umständlichkeit,
bald stehen bleibend, bald einige Schritte vorwärts
gehend, erzählte sie die häusliche Scene, mit der
Modifikation, welche das Zartgefühl auferlegt. ‚Wenn
er gesagt hätte: ‚Ich glaube doch an dich! ich hätte
noch im letzten Moment alles vergeben.“
„Es muß doch irgend einer gewesen sein, der
ihm den Verdacht einflüsterte ?“
„O ja. Ein parfümierter Brief, den er schon
tagelang in der Tasche herumträgt, immer in der
Erwartung, mich bei einem Blick, einem Wort fassen
zu können. „Ehebrecherin! Ich habe dich längst
durchschaut !““
„Sind denn die alten Männer alle stockblind in
zur Megede, Unter Zigeunern.
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