Path:
Achtzehntes Kapitel

Full text: Unter Zigeunern / Zur Megede, Johann Richard (Public Domain)

336 — 
mich mißverstehen. Eheliche Streitigkeiten sind nicht 
für fremde Ohren ... Was mache ich nur?“ 
Sie standen eine Weile zusammen, scheinbar ganz 
aufgeräumt, die üblichen Phrasen wechselnd. Und 
doch war die konventionelle Tünche bei beiden nicht 
so stark, daß man in dem gespannten Ausdruck der 
Gesichter nicht hätte lesen können, wie ganz andre 
Gedanken ihr Herz bewegten. Er warf die Larve 
zuerst ab. 
„Ich habe oft an Sie denken müssen. „Ich habe 
Angst, daß es uns alle verschlingt.“ — Mich hat 
Berlin bereits verschlungen.“ 
„Sprechen Sie nicht so.“ 
„Ich muß. — Jetzt gehe ich wirklich fort. Ich 
bin froh, Sie durch Zufall noch einmal getroffen zu 
haben — ein guter Zufall. Das Schichsal hat selten 
liebenswürdige Launen. Und so will ich Ihnen denn 
sagen, daß alles Glück eines verfehlten Daseins Sie 
gewesen sind. Senken Sie Ihre reine Stirn nicht! 
Dabei ist kein Gedanke, vor dem Sie erröten 
brauchten. Ich habe viel gesündigt, an Ihnen 
höchstens im Traum. Mein Stolz, mein Stern 
sind Sie gewesen — der einzige, an den ich felsen⸗ 
fest glaube. Sie kennen mein Leben oder ahnen es 
gewiß? — O ja, Sie ahnten es schon lange! Doch 
Ihr Herz hat nie mißbraucht, was der Kopf wußte. 
Die Ratten haben das Schiff verlassen — auch die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.