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glasscheibe der Mittelthür sich als riesiges, verschwom—
menes Schattenbild abzeichnete, während die hübsche
Lo, den Fuß auf dem Stuhl, die Schnürbänder ihres
reizenden Glacéschuhes fester zog, war gerade durch
die eindringlich-ernste Art des einen und das komö—
diantenhaft helle Lachen der andern drastisch wie die
Scene einer Vorstadtposse.
„Dann gestattest du wohl, daß ich mich empfehle?“
„Das ist nicht hübsch von dir,“ gab sie in
leichtem Ton zurück. „Aber jeder, wie er will.
Schade.“
Er lachte so ungezogen, daß kleine Zornfalten
sich auf ihrer Stirn krausten. Doch sie bezwang sich.
„Nur keine Scenen! — die hasse ich. Es kommt
doch niemals etwas dabei heraus. Wenn du in
einigen Stunden vernünftig geworden bist, erscheinst
du wieder. Um zehn, elf — einerlei. Keine Steif—
heit, keine Prüderie, das ist langweilig. Also
Gott befohlen!“ und sie reichte ihm gutmütig die
hübsche Hand.
Er ging. Erst dachte er an seine öde Jung—
gesellenwohnung, an die Arbeit. Doch seit einiger
Zeit glückte ihm kein einziges Kapitel mehr. Es
ging rapid abwärts. Er knöpfte den Hohenzollern—
mantel sorgfältig zu, denn es war eine kühle, nasse
Herbstluft. Die feuchten Trottoirs glänzten im
roten Laternenschein. Er wollte einen langen, er—