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Marie Ellers atmete auf, als Lerden endlich die
Tafel aufhob. Sie wäre gern dem üblichen Hand⸗
druck entgangen. Heute dünkte er ihr eine harte
Probe. Und sie kamen alle; die einen mit wein—
selig glänzenden Augen und heißen Händen, andre
blaß mit kühlen, schlanken Fingern. Es rieselte ihr
kalt durch den Körper. In jeder Berührung schien
ihr ein frecher Wunsch zu liegen. Mit Widerwillen
fühlte sie den feuchten, faunischen Kuß ihres Gatten
auf dem Nacken brennen. Doch erst als die schmale,
eiskalte Hand Lerdens sich in die ihre legte und ein
kühl lächelnder Mund sich darauf herabbeugte, beschlich
sie eine Ahnung kommenden Unheils.
„Eine wunderschöne Nacht!“
„Schwül!“
Der Graf und die Professorin standen auf dem
Kiesplatz am Kiosk. Es war der höchste Punkt des
Parks; und man konnte weit hinaussehen in die
märkische Ebene. Sie waren allein, zufällig hierher—
gekommen, weil jedes, seinen eignen Gedanken nach—
hängend. die weinlustige Menge mied. In den
halbdunkeln Gängen hörte man verhaltenes Kichern,
flüsternde Zwiegespräche, zuweilen ein lautes Witz-
wort im höchsten Berlinisch. Heiser, berauschender
Wohlgeruch sirömte aus den Jasminbüschen und