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Paul Lindau
Schlafzimmer; sie ließ den Store halb herab. Gleich
darauf wurde am großen Atelierfenster des gegen⸗
überliegenden Hauses ein riesiges, feuerrotes Herz
sichtbar, das in hellen Flammen aufschlug. Der
Maler schien auf die zustimmende Antwort vor⸗
bereitet gewesen zu sein. —
„Schach!“ sagte Rübland, nachdem er eine Weile
grübelnd aufs Brett gestiert hatte.
Scheller schmunzelte. „Ist das Ihr Ernst?“
„Natürlich! ... Schach!“
„Dann nehme ich Ihnen die Dame einfach weg“.
„Womit denn?“
„Mit dem Läaufer.“
Ach so!“
Es schlug sieben Uhr. Ort und Stunde für das
Stelldichein waren vom Maler klug gewählt. Um
diese Zeit war bei der zugkräftigen Operette an dem
unfreundlichen Sonntagabend der Andrang groß,
und es hatte nichts Auffälliges, wenn eine junge
Dame vor dem „Theater des Westens“ ihre Schritte
verlangsamte, stehen blieb, sich umschaute; es warteten
ja so viele auf ihre Begleitung. Hilda brauchte aber
nicht zu warten. Kaum hatte sie den Fahrdamm
überschritten, als der große, breitschultrige junge
Maler an sie wie an eine Bekannte leicht grüßend
herantrat, sie zum nächsten leeren Taxameter führte,