Eine Auferstandene
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seit Addas Scheidung deren stete Begleiterin,
und ich.
Du wirst Fräulein Martha, owohl Du sie sicher
öfter gesehen hast, kaum bemerkt haben. Ein liebes,
stilles, bescheidenes Mädchen, das sich immer im Halb⸗
dunkel des Hinterarundes hält und von der Leucht⸗
kraft der glänzenden Adda überstrahlt wird. Fräulein
Martha ist gleichen Alters wie Adda, vielleicht
sogar etwas jünger, aber jung ist sie nie gewesen.
Wer genau hinsähe, würde sie, wenn nicht gerade
hübsch, doch ganz angenehm finden; aber sie gehört
zu den Menschen, die man nie genauer ansieht. Sie
ist sich ihrer Reizlosigkeit zu sehr bewußt. Sie hat
sich in ihre Aschenbrödelnatur hineingelebt; aber sie
weiß, daß der schöne Prinz nie kommen wird, um
ihr den güldenen Pantoffel anzulegen. Ich habe
oft meine stille Freude daran gehabt, wenn ich be—
obachtete, wie taktvoll Adda sich Fremden gegenüber
stets bemühte, Fräulein Martha, die der Unkundige
leicht für eine besoldete Gesellschafterin, für eine so
genannte „Stütze“ oder so etwas halten könnte, von
vornherein als gleichberechtigt hinzustellen. In ihrem
instinktiven Bestreben, sich unterzuordnen, macht
Fräulein Martha auch den Eindruck der Untergebenen.
Das Scheue und Gedrückte in ihrem Wesen erklärt
sich leicht, wenn man die Verhältnisse, in denen das
junge Mädchen aufgewachsen ist, kennen lernt.