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Eine Auferstandene. Ein Brief vom 11. nach Trinitatis

Full text: Der Held des Tages / Lindau, Paul (Public Domain)

Eine Auferstandene 
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seit Addas Scheidung deren stete Begleiterin, 
und ich. 
Du wirst Fräulein Martha, owohl Du sie sicher 
öfter gesehen hast, kaum bemerkt haben. Ein liebes, 
stilles, bescheidenes Mädchen, das sich immer im Halb⸗ 
dunkel des Hinterarundes hält und von der Leucht⸗ 
kraft der glänzenden Adda überstrahlt wird. Fräulein 
Martha ist gleichen Alters wie Adda, vielleicht 
sogar etwas jünger, aber jung ist sie nie gewesen. 
Wer genau hinsähe, würde sie, wenn nicht gerade 
hübsch, doch ganz angenehm finden; aber sie gehört 
zu den Menschen, die man nie genauer ansieht. Sie 
ist sich ihrer Reizlosigkeit zu sehr bewußt. Sie hat 
sich in ihre Aschenbrödelnatur hineingelebt; aber sie 
weiß, daß der schöne Prinz nie kommen wird, um 
ihr den güldenen Pantoffel anzulegen. Ich habe 
oft meine stille Freude daran gehabt, wenn ich be— 
obachtete, wie taktvoll Adda sich Fremden gegenüber 
stets bemühte, Fräulein Martha, die der Unkundige 
leicht für eine besoldete Gesellschafterin, für eine so 
genannte „Stütze“ oder so etwas halten könnte, von 
vornherein als gleichberechtigt hinzustellen. In ihrem 
instinktiven Bestreben, sich unterzuordnen, macht 
Fräulein Martha auch den Eindruck der Untergebenen. 
Das Scheue und Gedrückte in ihrem Wesen erklärt 
sich leicht, wenn man die Verhältnisse, in denen das 
junge Mädchen aufgewachsen ist, kennen lernt.
	        
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