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Fünftes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

Funftes Kapitel. 
Gleich in den nächsten Tagen nach dem Begräbnis be— 
gannen sich die bösen Zungen im Hause zu regen. Eigent⸗ 
lich sei es doch eine richtige Fahrlässigkeit gewesen, solch 
ein armes Wurm bei glühenden Kohlen im Ofen mit einem 
fünfjiährigen Mädchen, das selbst an Hilflosigkeit noch ein 
Kind sei, allein im Zimmer zu lassen, während der Vater 
ganz gemütlich im Keller unten beim Glase Schnaps ge— 
sessen habe. Jeder sei ja bestrebt, seinem Nachbar das 
beste zu gönnen, und von Denunziation könne keine Rede 
sein, aber —! 
Dieses „Aber“ war bedeutend genug, um die Gedanken 
iedes einzelnen gehörig laut weiter zu spinnen. Schließ—⸗ 
lich tat einem doch nur das arme, erstickte Kindchen leid, 
das nun da draußen in kalter Erde lag und seinen Vater 
nicht mehr anklagen konnte. 
Die giftigste Klatschbase im ganzen Hause war Mutter 
Knabe. Sie brauchte nur drei Worte zu hören, um gleich 
hundert daraus zu machen und die Laͤrmtrompete in der 
ganzen Nachbarschaft anzustimmen. Sie galt zwar im all⸗ 
gemeinen für halb taub, das hinderte sie jedoch nicht, zu 
gewissen Zeiteu vortrefflich hören zu können. Man mußte 
die Alte nur genau beobachten, wenn sie mit der ehrbaren 
Miene eines Spittelweibes aufmerksamzuhörte, den Mund 
halb geöffnet und den schielenden Blick zu gleicher Zeit 
nach zwei Seiten gerichtet — mit dem Ausdruck eines 
Gesichtes, aus dessen ehrwürdigen Falten nichts mehr von 
jener Zeit sprach, in der das Laster ihr Gewerbe war, ehe 
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