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Viertes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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„Ida,“ sagte er halblaut und ergriff ihre Hände, „Ida, 
ich habe schlecht gehandelt, daß ich mich zum Trinken ver⸗ 
seiten ließ. Aber ich schwöre dir, daß es nie mehr vor⸗ 
kommen soll. Wenn ich an das Kindchen denke, oh....“ 
Er konnte nicht weiter. Seine Stimme verhallte in dem 
halbunterdrückten Schluchzen, daß seine Brust heftig ar⸗ 
beiten ließ. 
Draußen pfiff der Wind und warf den Schnee lawinen⸗ 
artig gegen die Scheibe Es hörte sich an wie ein freu— 
diges Heulen der Elemente, die ihr Opfer an sich gerissen. 
Es war Mitternacht. Die drei Kinder lagen neben 
einander gebettet auf der Diele und schliefen den Schlaj 
der Unschuld. Ida streichelte ihrem Mann das Haar. 
„Sieh, wie sie schlafen,“ sprach sie leise, „Gott wird 
uns diese drei erhalten, wir wollen beten.“ Sie legten ihre 
Köpfe aneinander und hielten sich eine Weile stumm um⸗ 
schlungen. Dann erhoben sie sich und traten wie in innerer 
Ubereinstimmung hinaus in die Küche. Da lag das Plätt⸗ 
brett auf zwei Stuhllehnen und auf ihm verhüllt die er— 
stickte Kindesleiche. Merk zog das Tuch herunter. Mann 
und Weib falteten die Hände und warfen vor dem Schlum⸗ 
mer noch einen letzten Blick auf ihren entschlafenen Lieb⸗ 
ling. Und inmitten dieser stummen Andacht erschallte von 
oben herab durch die dünne Decke ein greller Mißton. 
Wie so oft in der Nacht, ertönte wieder Geschrei und Hilfe— 
rufen, das von einer Mädchenstimme kam. Ludwig Jakob 
schlug seine Tochter. Dazwischen erschallten gemeine 
Schimpfworte des Vaters, die durch die üblen Gegenreden 
Rosas beantwortet wurden. „Kanaille, ich schlage dich 
tot !“ hörte man deutlich, und durch das Kreischen des 
Mädchens ließ sich dasWeinen der übrigen erwachtenKinder 
oernehmen. Stühle wurden umgeworfen, es begann ein 
wildes Jagen, man polterte und tobte, als wollte man 
sich zu Tode hetzen. Dann wieder vernahm man heftiges 
Schlagen gegen eine Tür, und Kaulmanns, des Schlaf⸗ 
burschen Stimme, wurde laut. Er muckte ganz barbarisch 
auf und bat sich Ruhe aus. Wenn das nicht aufhöre, würde
	        
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