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lange Kesselschmied und von verschiedenen Seiten des
hauses einige wohlmeinende Seelen mit einstimmten.
Rosa betrachtete inzwischen neucicr: wWagda. Sie
empfand einen gewissen Neid, als »ch, wie solide
sich Merks Tochter in der sauberen Kleidung und den
derben Lederstiefeln ihr gegenüber ausnahm. Außerdem
hielt sie Magdas Schüchternheit für Stolz. Die tat ja ge—
rade so, als wäre sie eine Prinzessin, die in dieser Umgebung
den Mund nicht auftun könne. Mit der würde sie gewiß
gleich in den ersten acht Tagen Zank haben, wenn sie ihre
eingebildete Miene nicht ablegte, das empfand Rosa sofort.
Magda zeigte auch wirklich ein recht mürrisches Gesicht.
Sie hatte sich zwar auf den Umzug gefreut, aber das
hatte sie sich doch nicht vorgestellt, daß sie sich in einem
Hause befinden würde, wo sie von zwanzig Menschen zu—
gleich in einer Weise angestarrt würde, als käme sie aus
einer anderen Welt. Und wie ungewaschen und ungekämmt
die Kinder hier aussahen! Das war doch in der Invaliden⸗
straße ganz anders gewesen.
Mehrmals hatte sie sich schon nach Oskar Schwarz um⸗
gesehen, ob sie ihn nicht in der Schar der Kinder, die sich
immer mehr vergrößerte, erblicken würde; dann wollte sie
schließlich ihre Mutter fragen, wo die Mäntelnäherin eigent-
lich wohne, als diese, von ihrem Sohn begleitet, auf
dem Hof erschien. Ida trat sofort auf sie zu und begrüßte
sie herzlich und über Magdas Gesicht glitt zum ersten Mal
ein freundliches Lächeln, als sie Oskar die Hand zum Gruß
entgegenstreckte. Sie hatte das Gefühl, als erschiene ihr
jetzt das Haus viel freundlicher, als hätte sie da plötzlich
einen alten Bekannten gefunden, der sie gleich in die Ge—
heimnisse dieses großen Hofes einweihen werde.
Rosa bemerkte das sofort. Sie empfand eine Art Eifer—
sucht, daß man sie bei Seite ließ, um dieses blassen Jungen
willen. Sie benutzte eine Gelegenhei, um ihm zuzuraunen:
„Woher kennst du die denn schon? Die hat sich ja gerade,
als sei ihr Vater wunder was! Sie soll wohl deine Braut
werden? Meinetwegen! Wenn sie mir in den Weg kommt