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verbargen sich hinter der Altesten und blickten dreist zu
Merks hinüber. Ihre ganze Kleidung, von den schmutzigen,
durchlöcherten Schürzen bis zu den ausgefransten Kleider—
säumen und zerrissenen Stiefeln, die nach der Außenseite
schief getreten waren, legten stummes Zeugnis ab von
der Verwahrlosigteit in dieser Familie.
Als Ludwig Jakob Merk die Hand gereicht hatte, und
auch auf Ida zutrat, wußte diese sofort, daß man diesen
Mann soviel als möglich fern halten müsse. Dem sah man
es am Gesicht an, daß der Schnaps sein Lieblingsgetränk
war. Sie trat unwillkürlich einen Schritt zurück und machte
sich mit den Sachen zu schaffen, um der Berührung mit
Rosas Vater auszuweichen. Jakob aber schien das nicht
zu bemerken.
„Na, Frau Merk,“ stammelte er, „wie gefällt Ihnen
dieser Kasten? Nicht wahr, da sieht man eine Menge
Köpfe! Aber es wohnt sich hier gut, Sie werden Ihre
Freude haben, lauter fidele Häuser, die gegenseitig von Stolz
nichts wissen. Die Hauptsache ist, man ist hier ganz unter
sich und kann getrost einmal vier Wochen Miete schuldig
bleiben, ohne sich gleich vor Gram den Kopf abreißen zu
brauchen. Nur vor dem dort oben müssen Sie sich in acht
nehmen. Das ist ein Schürzenfreund aus dem ff, — ich
meine den Schauspieler da hinter dem blauen Rouleau,
der läuft auf Filzschuhen mitten im Sommer, wenn es sich
um eine Frau handelt, die er küssen will, vorausgesetzt,
daß er nicht bald über seine eigenen Stelzen stolpert.“
Rosa, die gern zeigte, daß sie von allem etwas ver—
stand, lachte laut auf. Im selben Augenblicke rief eine
Stimme vom vierten Stock laut und vernehmlich herunter:
Sie hätten genug zu tun, wenn Sie sich um sich selbst be⸗
kümmerten, Herr Jakob, ehe sie über ehrbare Kunstler
Ihre Galle ausspritzen. Haben sie verstanden, Herr Jakob
Es war Frau Friederike Zierling, die aus Neugierde
ebenfalls ihren Kopf zum Fenster hinausgesteckt hielt und
jetzt mit anscheinender Entrüstung klirrend die Scheiben
schloß. Jakob sandte ihr lautes Lachen nach, in das der