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zu kehren, für ewige Zeiten festhielt. Am Ende hatte
fich der Mime in das Unvermeidliche zu finden gewußt.
Er betrachtete das Verhältnis wie eine üble Last des
Schicksals, die man ohne Murren ertragen müsse, weil die
eigene Kraft nicht ausreichte, sie von sich abzuschütteln.
Aberdies, — das wirklich Erdrückende dieser Last lag doch
nur in der Einbildung Herrn Sängerkrugs. Es gab Stunden
reiflicher Uberlegung, in denen der große Vorstadtkomiker
einsah, daß er eigeutlich unter keiner anderen Obhut in
rein häuslicher Beziehung sich hätte glücklicher fühlen
können, als unter dem Fittich von Frau Zierling. Sie
war ihm unter allen Umständen das, was einem Handwerks⸗
burschen eine gute Herbergsmutter ist; sie speiste ihn, sie
tränkte ihn, sie hielt seine Garderobe in Ordnung, sie sorgte
für ihn mit dem großen Herzen einer liebenden Freundin
— nur daß diese Freundin hin und wieder den Fehler
hatte, sich Illusionen hinzugeben, die sie von Tag zu Tag
immer mehr die Zuversicht in sich aufnehmen ließen, sich
dereinstens noch als glückliche FrauSängerkrug im Spiegel
begrüßen zu dürfen. Es war das in Anbetracht der ver⸗
flossenen zehn Jahre gewiß ein rühmliches Zeugnis für
Frau Zierlings weibliche Treue und Opferfreudigkeit, je—
doch hatte sie trotz aller Zärtlichkeiten, die sich zu gewissen
Zeiten in entsetzliche Drohungen verwandeln konnten, bis—
her noch nicht die geringste Aussicht, in der Brust ihres
Zimmerherrn aufrichtige Gegenliebe zu finden. Herr
Sängerkrug schätzte und achtete seine Wirtin, soweit er ihr
Dankbarkeit schuldete; aber sich für ewig mit ihr zu ver—
binden, ihr seinen Namen zu geben — das wäre ihm gleich
dem Aufgeben seiner Kunst erschienen, die er über alles
liebte. Herr Sängerkrug hatte nur einmal in seinem Leben
geliebt, das war vor fünfundzwanzig Jahren gewesen, als
Tollheit und Leichtsinn ihn aus den Armen gütiger Eltern
hinaus in die Welt des Scheins und des Flitters trieben
Damals hatte er sich einer wandernden Komödianten⸗
truppe angeschlossen, die von Ort zu Ort zog, um die Klein—
städter der Muse zugänglich zu machen. In Prenzlau hatte