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Vierzehntes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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dazu nicht über die Grenze des Hauses hinaus zu gehen. 
Unter den siebenzig Familien waren immer einige, denen 
dies und das in ihrer Wirtschaft fehlte. So erwarb denn 
eine Arbeiterfrau ein paar Stühle, eine andere einen 
Küchentisch, diese das, jene dies. Herr Rentel, der Wirt 
des Hauses, kam immer noch auf seine Kosten, und Herr 
Christoph Zipfel fand Gelegenheit, durch den billigen Ver— 
kauf dieser Überreste ruinierter Existenzen seine Menschen⸗ 
freundlichkeit zu betätigen. 
Der gefürchtetste Gast in der Gerichtsstraße war der 
krekutor. Er war für die Erwachsenen das, was den Kin⸗ 
dern der „schwarze Mann“ ist. Was Arbeitslosigkeit, Not 
und Elend übrig gelassen hatien, das nahm der Steuerein⸗ 
nehmer für sich in Anspruch. Herr Platzmann war ein 
hagerer, gemessen dreinschauender Mann, der regelmäßig 
im Laufe des Quartals die Treppen des Vorderhauses em⸗ 
porstieg und dann auch seine Schritte über den Hof lenkte, 
um rechts, links und geradezu, eine Familie nach der andern 
mit seinem Besuch zu überraschen. Er tat als Beamter 
nur seine Schuldigkeit, und doch haßten ihn die Frauen, 
betrachteten ihn die Männer mit einem Blick, der nicht 
besondere Voreingenommenheit verhieß. 
Wenn eine Frau zufällig am Fenster stand, ihn daher⸗ 
schreiten sah und sagte: „Da kommt der Steuermann,“ so 
lag in diesen Worten die ganze Bedeutung, deren Herr 
Platzmann sich im Häuserquadrat zu erfreuen hatte. Denn 
waren es auch nur lumpige fünfzehn Silbergroschen, welche 
die niedrigste Steuerstufe verlangte — man hatte sie in 
den meisten Fällen nicht. Hier rechnete man nur mit 
Groschen, ein Zehnpfennigstück war gleich dem Taler der 
Bemittelten. So mußte denn Herr Platzmann in zehn 
Fällen neunmal die Erfahrung machen, daß er vergeblich 
gekommen war. Man pflegte dann zu sagen: „Ich bringe 
Ihnen das Geld morgen nach Ihrer Wohnung — ganz 
bestimmt. Sie können sich drauf verlassen.“ Und mit diesem 
Trost entfernte sich Platzinann. Derartige Stundungen ge⸗ 
horten nun einmal zu seiner Praxis. In den meisten Fällen
	        
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