Miete nicht länger stunden. O, ich habe gebettel: und ge—
beten — mein ganzes Mitleid für die Armen und Elenden
habe ich ihm ausgeschüttet, aber er blieb hart wie Stahl.“
Herr Christoph Zipfel pflegte hierauf mit der Hand über
die Augen zu fahren, als hätte er ein paar Tränen zu zer⸗
drücken. In solchen Minuten zeigte er eine wahre Leichen⸗
bittermiene, die von höchster Trauer um den entseztzlichen
Verlust dieses Mieters zeugte. Er faßte in die Tasche und
uberreichte, immer noch verschwommenen Auges, das Ul⸗
timatum des Hauswirts, das die Aufforderung enthielt,
binnen vierundzwanzig Stunden die rückständige Miete zu
bezahlen, widrigenfalls die Exmission vor der Tür stehe.
Und wenn dann Herr Christoph Zipfel, um der dumpfen
Pause, die einer derartigen Votschaft folgte, zu entgehen,
nach seinem Keller hinabstieg, verriet das Zusammen⸗
keifen des linken Auges die ganze Komödie, die er wieder
einmal vortrefflich gespielt hatte. Was sollte man auch
noch mit dieser Familie im Hause! Der Mann hatte bei
ihm des Abends seine Groschen gelassen, und die Frau am
Tage Eßwaren von ihm bezogen. Er war somit vortrefij⸗
lich auf seine Rechnung gekommen. Jetzt war bei den
Leuten nichts mehr zu holen, man hieß sie also einfach
gehen, nackt wie sie waren. Aber nur nicht grob sein,
immer leise, ohne Aufregung! In diesem Hause blieb eine
Wohnung keine acht Tage leer stehen, man brauchte also
ohne Sorge zu sein.
Derartige Exmissionen wiederholten sich in jedem Quar⸗
tal. Auf dem Boden des Vorderhauses hatte sich bereits
eine Sammlung aller nur möglichen Möbelstücke ange—
häuft, die den Raum zu einer kleinen Trödelbude machte.
Hin und wieder kamen die Exmittierten und zahlten in
kleinen Summen die rückständige Miete ab. Dafür gab
man ihnen stückweise Möbel und Wirischaftsgegenstände
heraus. Viele ließen sich aber gar nicht mehr sehen, denn
sie hielten die ganze Wirtschaft für nicht so viel wert als
die rückständige Miete. Dann machte man kurzen Prozeß.
Die Sachen wurden öffentlich versteigert. Man brauchte