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Drittes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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fühlte er sich als Mensch verpflichtet, ihr nach Kräften 
zu steuern, ihr von vornherein die Verbreitung als Epidemie 
zu nehmen. Sobald eine Frau am Anfange des Monats, 
ohne das bekannte, blaue Mietsquittungsbuch in der Hand 
zu haben, zu ihm herunterstieg, so wußte er bereits, was 
er davon zu halten hatte. Dann hieß es gewöhnlich: „Ihr 
Mann hat wieder keine Arbeit? O, das tut mir leid; aber 
nur nicht gleich heulen, die Sache wird schon schiefgehen. 
Sie können die Miete erst nächste Woche bezahlen? Aber 
reden Sie doch nicht, liebe Frau Soundso, gewiß warte 
ich, gar keine Frage! Paragraph Eins heißt bei mir: Nur 
nicht grob sein, immer leise, ohne Aufregung.“ Oder in 
einem anderen Falle sagte er: „... Sie wollen auch den 
zweiten Monat gestundet haben? Hm — das ist schlimm, 
aber man braucht deswegen nicht gleich zu weinen, meine 
liebe Frau Soundso. Kommen Sie, trinken wir doch einen 
Magenbittern, dann wird die Sache schon schief gehen. 
Nur nicht grob sein, immer leise, ohne Aufregung.“ Dabei 
spielten die Finger der rechten Hand auf seinem runden 
Bauch, und das leutselige, bartlose Mondscheingesicht zeigte 
einen Anstrich aufrichtiger Teilnahme. 
Herr Christoph Zipfel konnte sich eine derartige Men⸗ 
schenfreundlichkeit auch ohne eigenen Schaden leisten. Er 
ieferte das Geld erst am Ende eines jeden Quartals ab, 
durfte also in einem gewissen Sinne Duldung üben. Die 
Miete lief am Ende doch nicht weg, dafür verstand er vor⸗ 
trefflich zu sorgen. Gerückt konnte in diesem Hause nicht 
werden, so lange er noch Christoph Zipfel hieß und die 
Augen eines Luchses hatte. 
Länger als ein Vierteljahr hielt sich die Menschen- 
freundlichkeit des Vizewirtes überhaupt nicht. Dann zeigte 
sich plötzlich seine Rüchsichtslosigkeit im höchsten Grade, aber 
nur innerlich, äußerlich wurde er nun noch weicher und 
milder gestimmt. Dann hieß es: „... Es tut mir leid, bis 
in die Seele leid, liebe Frau Soundso, aber ich konnte 
nichts dagegen machen. Ich kann einen Eid leisten, daß ich 
nichts dagegen machen konnte. Herr Rentel will ihnen die
	        
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