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Ida schon im voraus von ihrem Verdienste zu rechnen an—
fing, war er ganz bei der Sache.
Drei Wochen bis Weihnachten, meinte Ida, die würden
noch zwölf Taler geben; denn sie hoffe bestimmt, daß sie
vorläufig zwölf Mark wöchentlich herausschlagen werde.
Wenn sie einmal beim Arbeiten sei, dann werde man
staunen, was sie zusammenschaffe. Da brauche man doch
wenigstens nicht mehr ans Versetzen zu denken; wenn man
sich einrichte, könne man ganz gut davon leben. So würde
man glücklich über die trübe Zeit hinauskommen, und
Ende gut, alles gut. Merk werde dann auch wieder eines
Tages zum Stahl greifen können, und dann würde der
liebe Gott den zugefügten Schaden bald wieder gut machen.
Worauf sie sich aber am meisten freue, sei die Aussicht,
nun den Kindern wenigstens nicht die Weihnachtsfreude
verderben zu brauchen; wenn es auch nur ein paar Pfeffer—
kuchen, ein paar Apfel und Nüsse wären — man wüßte
dann doch, daß das Christkindlein bei den Kleinen nicht
vorübergegangen sei.
Am Sonnabend Vormittag begannen Merks mit ihrem
Umzug nach der Gerichtsstraße. Der Eisendreher hatte
einen ehemaligen Kollegen, der mit ihm zu gleicher Zeit
bei Borsig entlassen war, gebeten, ihm beim Transport der
Siebensachen behülflich zu sein. Kaulmann, ein lang auf—-
geschossener, leichtlebiger Bursche von noch nicht ganz zwei—
undzwanzig Jahren, war seines Zeichens Kesselschmied und
ebenfalls außer Arbeit. Er hatte sich als Schlafbursche
bei Ludwig Jakob eingemietet, der eine Treppe über Merks
neuer Wohnung in der Gerichtsstraße als Vater von sechs
halberwachsenen Kindern hauste.
Mit knapper Not hatte man eine einspännige Fuhre
voll bekommen. Nachmittags war der Wohnungswechsel
glücklich vollzogen, und der Eisendreher und seine Familie
fanden bereits am anderen Tage Muße, ihre Sonntags⸗
betrachtungen über das neue Heim anzustellen.
Wahrhaftig, da befand man sich wirklich inmitten einer
jener schrecklichen Mietskasernen der Vorstädte, die das