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Sechzehntes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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Er sieht dicht vor sich ein weißes Gesicht wieder auf⸗ 
tauchen, das leichenblaß ihn anzustarren scheint. 
„Magda, ich komme!“ hallt es wieder in dem Sturm. 
Ein Sprung, er hat sie erfaßt und sinkt mit ihr eng um⸗ 
schlungen, in die kalte Flut, die seine heiße Stirn für ewig 
kühlt .... 
Zwei Tage später trat der Direktor des Anatomie-Ge— 
bäudes auf seinen ersten Assistenzarzt zu und sagte: „Hören 
Sie doch, lieber Doktor, es ist da im Vorzimmer ein junger 
Mann, ein Schüler der Akademie der Künste. Er hat ein 
Empfehlungsschreiben des Akademie⸗Direktors und möchte 
gern unseren Leichenkeller sehen, um Studien zu machen. 
Wollen Sie, bitte, das Weitere veranlassen.“ Der Kunst⸗ 
jünger war Franz Merk, oder eigentlich Franz Kroner, 
nachdem man ihm gestattet hatte, den Namen seiner Mutter 
anzunehmen. Er war jetzt ein schlanker, hochgewachsener 
Jüngling geworden, dem man nichts mehr von seinem 
einstigen Krankenlager ansah. Der Assistenzarzt befahl dem 
alten Faktotum, Merk nach der Morgue zu führen, im lin⸗ 
ken Flügel des Gebäudes. Nach wenigen Minuten befan— 
den sich beide im Keller. Sie betraten einen Raum, in wel⸗ 
chem sich nur sechs hölzerne Pritschen befanden, die zur Auf— 
nahme der unbekannt eingelieferten Leichen dienten. Durch 
die niedrigen Kellerfenster drang nur mangelhaftes Licht, 
so daß Franzens Führer Gas anzündete. Merk blickte um 
sich. Vier der Pritschen waren besetzt, die anderen beiden 
leer. Links von ihm bemerkte er einen Lattenverschlag 
mit verschließbarer Tür. Hinter dieser wurden die Leichen 
aufbewahrt, für deren Sicherstellung die Justiz ein be— 
sonderes Interesse hatte. Ein Schauer überlief ihn, als 
er die erste Leiche erblickte, einen alten Trunkenbold, der 
auf der Straße vom Schlage gerührt worden war. Das 
Faktotum spekulierte auf ein Trinkgeld. Wenn der junge 
Herr hier etwas für seine Bilder profitieren wolle, dann 
möge er nur zu den beiden Leichen dort am zweiten Fenster 
treten und sich die ansehen. Es seien zwei Wasserleichen
	        
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