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Sechzehntes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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küßten, hüpfte dann über die gekräuselten Wellen und 
flüsterte ihnen einen Totengesang zu, den sie nun anstim⸗ 
men sollten. Und nun raste der Sturm, heulte in diesem 
unendlichen Dom, dessen dunkle Kuppel sich immer mehr 
herniederzusenken drohte, um die ganze Welt zu erdrücken. 
Und dieses gewaltige Dunkel durchzuckte eine glühende 
Schlange, der ein Schlag folgte, als wollte die Erde bersten. 
Nun verschwand auch der letzte fahle Streifen am Horizont. 
Ein gewaltiger dunkler Nebelflor erhob sich auch dort und 
stieg, wie von unsichtbarer Hand gezogen, langsam empor 
und nahm das letzte Licht des Himmels. Schwül war die 
Luft, schwül zum ersticken. Wieder flammte es auf, wieder 
grollte es, erklang die Orgel des Himmels in dumpfen Lau⸗ 
ten. Und unten aufs neue das Heulen, Wimmern und Pfei— 
fen der trockenen Elemente, das Zischen, Branden und 
Peitschen des rasenden Sees, der nach seinen Opfern 
lechzte. Man sah nicht mehr die Menschen, nicht mehr die 
Sträucher, nicht mehr das Wasser, nicht mehr die Erde und 
auch nicht mehr den Himmel, — man vernahm nur ein 
fürchterliches Zürnen der Gewalten der Natur. Jetzt 
summte und schwirrte es durcheinander wie in einem Rie— 
senorchester, jetzt drehte sich alles wahnsinnig im Kreise. Die 
Bäume ächzten, die Sträucher zitterten, die Erde wankte, 
das Wasser bäumte sich auf. 
„Magda, liebst du mich noch?“ Ein Beben und An— 
klammern als einzige stumme Antwort. Um ihm Mut 
zu machen, stürzte sie sich zuerst hinein. 
„Magda!“ brüllt er auf. Er will sie fassen, aber er 
lieht sie nicht mehr, denn Nacht umgibt ihn. 
Mitten in den Sturm, das Getöse der Elemente hinein, 
zitiert er als Grabgesang im Wahnsinn Heines Worte: 
„Ganz anders ist es mit Poeten, 
Die kann der Tod nicht gänzlich töten; 
Uns trifft die weltliche Vernichtung, 
Wir leben fort im Land der Dichtung, 
Zu Avalon, dem Feenreiche, 
Keb' wohl auf ewig, schöne Leiche.“
	        
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