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Drittes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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Sorge um seine Kinder, welche er zärtlich und innig liebte; 
das war der Gedanke, daß seine Frau, die vierzehn Jahre 
nicht von seiner Seite gewichen war, jetzt wieder arbeiten 
gehen solle. Wie er die Kinder liebte, so liebte er auch 
ihre Mutter. Ein Gefühl von Beschämung und tiefer Un— 
zufriedenheit überkam ihn. Da sollte nun eine Mutter 
früh morgens von ihren Kindern gehen, da sollte eine Frau 
ihren Mann, ihre Häuslichkeit verlassen, um elf Stünden 
täglich wieder Sklavin, abhängig von fremden Leuten zu 
sein, wieder zur gewöhnlichen Fabrikarbeiterin zu werden. 
Wie sollten seine Kinder gedeihen, wenn sie den ganzen 
Tag über die liebende und sorgende Hand der Mutter 
entbehrten! Und er, Merk, sollte verdammt sein, untätig 
zu sitzen, während seine Gedanken immer dort weilten, 
wo sein Weib sich befand? O, er wußte genau, wie schlimm 
es manchmal so einer armen Arbeiterin erging! Da wurden 
von rohen Gesellen unzüchtige Gespräche geführt, da er— 
laubte man sich Freiheiten, nahm keine Rücksicht auf die 
Anwesenheit von Frauen und Mädchen. Und er durfte 
nicht dabei stehen, sein Weib vor Zudringlichkeiten zu 
schützen. Wenn Merk so am Fenster saß, und wie gewöhnlich 
seinen schlechten Tabak rauchte, oder an einem Stück Holz 
schnitzte, dann wurde er von diesen Gedanken so über— 
wältigt, daß er in seiner Arbeit innehalten mußte, um starr 
auf einen Punkt nach dem Hofe zu blicken. Dann wieder 
ruhte sein Auge auf dem schlafenden jüngsten Kinde in der 
Wiege, die er mit einem Fuße in Bewegung setzte. Und 
er beugte sich verstohlen über den Knaben und küßte ihn 
voll tiefer Rührung. 
Magda hatte ein derbes Wollkleid bekommen, konnte 
also wieder nach der Schule gehen. Die Kinder freuten 
sich ganz besonders auf den Umzug, denn da gab es wieder 
zu packen, zu räumen und zu kramen; man kam wieder in 
eine andere Gegend, sah neue Menschen und machte die 
Bekanntschaft neuer Spielgefährten. Magda glaubte solch 
einen bereits gefunden zu haben. Mehr als einmal hatte 
sie zu ihrer Mutter von Oskar Schwarz gesprochen. Er
	        
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