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dof durch den langen, dunklen Torweg hinaus auf die trotz
Tauwetter menschenbelebte Straße. Er spürte nicht den
chneidenden Schnee, auch nicht die erstarrende Kalte des
Windes, denn es pochte ihm wild in den Schläfen.
„Du wirst stehlen,“ sagte er plötzlich halblaut vor sich
hin. Er bannte dabei seine Schritie, denn wie er diese
Worte gesprochen hatte, trat drohend eine lichte Gestalt
vor ihn hin und raunte ihm zu: „Bleibe ehrlich, denn ehr⸗
lich währt am längsten.“ Aber da vernahm sein Ohr im
Geiste wieder die Klagen seines Weibes, das vor Frost
zitterte, da sah er das Wälzen des Kindes im Fieber; da
hörte er die Stimmen, die nach Brot riefen, und da stand
er plötzlich vor einem erleuchteten Bäckerladen und sah
durch die Glastür Brot, Kuchen und Semmeln im Über—
fluß. Das alles lächelte ihn an, blinkte ihm verlockend zu,
und doch konnte er nichts davon sein eigen nennen. Und
seitwärts von ihm unter einer Laterne stand eine Dame,
die im letzten Augenblick noch mit einem Händler um einen
Christbaum feilschte. Sie hatte den Handel abgeschlossen
und hielt in beiden Händen eine gefüllte Börse, der sie ein
blankes Silberstück entnahm. Merks Blick glitt von dem
Gelde zum Bäckerladen. Auf des Arbeiters Rücken saß
plötzlich ein Teufel, der ihn zum Bösen antrieb. Er tat
einen Satz, dann blitzschnell einen Griff, dem ein weiblicher
Schrei folgte. Im nächsten Augenblick erschallte schon
hinter dem rasend Davoneilenden ver Ruf: „Hallet den
Dieb! Haltet den Dieb!“
Nach wenigen Minuten bot sich den Passanten ein all⸗
tägliches Straßenbild. Inmitten einer lärmenden und
schwatzenden Gruppe erbuůckte man einen Mann, der, von
zinem Schutzmann am Arm gefaßt, zur Polizeiwache des
Reviers transportiert wurde. Der hatte also gestohlen,
auf belebter Straße einen Raubanfall vollführt und oben⸗
drein an einer hilflosen Dame? Was das fuͤr ein frecher
Mensch war, dem mußte man ein⸗ für allemal derartige
Fingergriffe abgewöhnen. Man müsse ihn gehörig durch⸗
prügeln, meinte ein biederer Menschenfreund, der eine vor⸗
Max Kretzzer, Die Verkommenen. 27