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erregt nach den beiden Händchen, schlug sie sanft gegen
einander und sang ein anderes Lied:
„Backe, backe, Kuchen,
Der Bäcker hat gerufen.
Wer will einen Kuchen backen,
Der muß haben sieben Sachen“.....
Durch die gefrorenen Scheiben klang von drüben her—
über heller Lichtstrahl, der von den Kerzen des ersten an—
gezündeten Weihnachtsbaumes kam. Der gleichmäßige
Singsang, von dem das Auf- und Abwalzen der Wiege
dumpf sich abhob, nahm sich wie Klänge einer halb Irr⸗
sinnigen aus.
Und so sang Ida noch, als Merk plötzlich kam. Er brachte
weder Geld noch irgend etwas anderes, aber er war ange⸗
krunken. Er hatte bei seinem Gang wirklich einen Be—
kannten getroffen, der ihm nichts geben konnte, aber noch
so viel hatte, um ihn zum Besuch einer Budike zu verleiten.
Merk blieb stumm beim Hereintreten, denn er befürch—
tete, man könnte ihm am Sprechen anhören, daß er getrun—
ten hatte. Er tappte in der Kuͤche herum, suchte nach der
Lampe und zündete sie an. Dann steckte er den Kopf in
einen Kübel mit Wasser, um schnell nüchtern zu werden.
Zum ersten Mal in ihrem Leben packte Ida der Groll. Jetzt
müsse es biegen oder brechen. Sie könne nicht mehr weiter,
sie müsse von der ersten besten Brücke springen. Was zu⸗
viel sei, sei zuviel. Sie habe es jetzt satt, die ganze Last allein
zu tragen. Wenn der Doktor komme, könne das Kind nach
dem Krankenhaus geschafft werden, und er, Merk, könne
für seine Tochter sorgen. Sie könne sehr leicht von hier
gehen, denn mehr habe sie nicht, als was sie auf dem Leibe
krage. Sie werde sich aufmachen und laufen, so lange sie
die Beine trügen; nur fort wolle sie von hier, denn sonst
verliere sie das bißchen Verstand, das sie noch besitze.
Merk stand lautlos am Fenster. Die Umgebung kam
ihm unheimlich vor. Das Licht der Lampe erleuchtete das
Zimmer nur spärlich. Uberall tauchten grausige Schatten