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bett kannte sie bereits seit Wochen nicht mehr. Sie schlief
auf dem harten Strohsack und mummie sich des Nachis so
ein, daß man gar nichts von ihr zu sehen bekam. Ob der
Kaffee schon fertig sei? fragte sie die Mutter. Das war
inmer die erste Frage, welche die Kinder des Morgens an
Ida richteten. DasFeuer woilte nicht brennen, so viel Muhe
sie sich auch gebe, erwiderte ärgerlich die Mutter. Anna
meinte dann, daß sie noch liegen bleibe, es sei so kalt im
Zimmer, wenn der eiserne Osen noch nicht rot sei. Nun
schlug auch Magdas Töchterchen die Augen auf. Ida meinte
zu ihrer Tochter, sie wisse nicht, was mit dem Kinde sei.
Es brenne wie Feuer und zittere am ganzen Körper. Bei
dem Leben auch, da solle man sich noch wundern! Das
wäre noch das letzte, daß das Kind das Fieber bekäme und
man nicht wüßte, woher man Hilfe bekommen sollte.
Das Kind wurde denn auch wirklich sehr unruhig und
begann zu wimmern,. dann laut zu schreien, ohne daß Ida
wußte, wodurch sie es beruhigen sollte. Das viele Liegen
helfe schließlich auch nichts, meinte sie weiter. Sie hüllte
die Kleine in ein Umschlagetuch, nahm sie auf den Arm und
ging liebevoll dreinredend, in dem kalten Zimmer auf und
ab. Sie faßte nach der Stirn des Kindes und kam zu der
UÜberzeugung, daß Fieber im Anzuge sei. Und sie konnte
helfen, konnte nicht mal dem Kinde das Allernötigste
geben!
Bei diesem Umhergehen im Zimmer begann sie schließ—
lich zu frieren, sodaß sie in ihre Hände hauchen mußte,
um sich zu erwärmen. Wo Merk nur blieb? Anna sollte
aufstehen und den Vater suchen. Sie fürchte sich, allein
mit dem Kinde zu sein, denn es zittere bereits an allen
Gliedern. O, zum Hunger und zur Kälte auch noch Krank-
heit, — das machte den Giftbecher des Lebens voll zum
Uberströmen. Als Anna, noch ungewaschen und unge—
kämmt hinuntergeeilt war, um nach dem Vater zu sehen,
setzte Ida ihre Beruhigungsmittel fort. Sie wiegte es,
sie sang, sie hob es in die Höhe und wieder herunter, drückte
es an sich und küßte es zehnmal in einer Minute, um in der