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sehr Mode gewesen sein, und man trug sie viel.“ Richtig —
daran hatte er nicht gedacht. Warum trübe Erinnerungen
wachrufen eines toten Gegenstandes wegen? Er lächelte
nun ebenfalls und drückte ihr warm die Hand.
„Ich muß gehen, um mich umzukleiden. Erschrick nur
nicht, wenn du mich nicht wiedererkennst. Ich habe als
alter Komödiant zu sterben.“ Sie lachten fröhlich. Dann
ging er und verschwand in seiner kleinen Garderobe hinter
dem Podium.
„Lassen Sie uns dort näher einen Platz suchen, — an
jenen armseligen Brettern, welche hier in diesem Dunst⸗
kasten die Welt bedeuten, damit wir sehen, was für ein
erhabener Mime hier dem Volke seine Mätzchen vormacht,“
sagte Dagobert Fisch, den durchnäßten Zylinder wie eine
Wegweiser in der ausgestreckten Hand haltend, indem er
mit den langen Fingern seiner Rechten durch die blonde
Perücke fuhr. Dabei wankte er bedenklich, so daß man rechts
und links aufblickte und die auffallende Erscheinung zu
mustern begann. In der ersten Reihe, and dem Tisch, wo
Dorchen saß, waren noch einige Plätze frei.
„Lassen Sie uns hier im Sperrsitz Platz nehmen,“
sagte Dagobert und fühlte das Bedürfnis, den Mann von
Bildung zu zeigen, als er sich mit höflicher Frage um Er—
laubnis an Dorchen wandte. Die kleine Arbeiterin erblickte
jetzt Oskar. „Ach, Herr Schwarz, das ist nett, daß Sie auch
hier sind.“ Sie freute sich ungemein, den alten Bekannten
zu erblicken. „Bitte nehmen Sie nur Platz. Sie hätten
aber ihre Schwester mitbringen sollen. Mariechen hätte
sich gewiß auch sehr gefreut. Nun muß sie allein zu Hause
sitzen, während wir uns amüsieren. Aber sie wird bei Merks
den Abend verbringen.“
Jetzt erst bemerkte sie, wie ihm die Augen fast zufielen,
wie er beim Sprechen mit schwerer Zunge lallte, wie er
fich unzart bewegte und dann nach dem vollen Glase griff,
um die Hälfte des Inhaltes mit einem Zuge hinunter⸗
zustürzen.
„Ein famoser Name, dieser Name Sängerkrug,“ sagte