393
lichem Geflüster junge Pärchen: Arbeiter mit ihren Bräu—
ten, die von den Schwingen der Musik getragen, die Zu—
kunft rosiger vor Augen haben; junge Handelsbeflissene und
Studenten, die es weniger aufrichtig meinen und von der
Dame an ihrer Seite nur wie von einem „Verhältnis“
sprechen, mit dem man sich über die Langeweile des Lebens,
so gut es geht, hinwegzuhelfen versucht. Wer diese halb über—
mütigen und halb leichtfertigen Ladenmamsells, Blumen⸗
und Putzmacherinnen, Arbeiterinnen der feineren Branche
sind gar lustige Dinger, die leben und genießen wollen und
in ihrer Flatterhaftigkeit es bereits dankbar begrüßen, wenn
sie des Äbends einen männlichen Schutz ihr eigen nennen
dürfen, der sie zur bestimmien Zeit erwartet, um sie auf
einige Stunden ins Bierhaus zu führen oder allwöchent—-
lich einmal mit dem Besuche eines Theaters oder Konzert⸗
saales zu beglücken. Beim zweiten Glas Bier bereits röten
sich die Wangen, leuchten die Augen, bewegen sich ver—
stohlen die Füße nach den Klängen eines Strauß'schen Wal—⸗
zers. Und während ihr Oberkörper sich nach dem Rhyth—
mus der Musik leicht hin und her bewegt, sind sie mehr denn
je den zärtlichen Worten ihres „Schatzes“ zugänglich und
erwidern heiß den Händedruck unter dem Tisch. Dann heißt
es beim Studieren des Programms: „Jetzt kommt: , Rosen
aus dem Süden', o, das hör' ich so gern;“ oder „Das nächste
Stück ist ein Potpourri, da bin ich neugierig.“ In den
großen Pausen endlich wird die Aufmerksamkeit besonders
rege. Da heißt's: „Sängerkrug tritt jetzt auf. Sein, Haus⸗
wirt! ist zu komisch. Ach, — und heute macht er auch ‚den
sterbenden Komödianten‘. Da kenut man ihn nicht wieder,
da muß man weinen.“
Sängerkrug, — das war der Name, um den sich das
ganze Interesse der schöneren Hälfte des Stamm-Publi⸗
im Künstler⸗Konzert-Salon der Rosentalerstraße
rehte.
Als Oskar Schwarz und Dagobert Fisch zwischen Stüh—
len und Tischen hindurch den bereits gefüllten Saal, in dem
über die Köpfe des plaudernden, scherzenden und lachenden