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in falschen Farben vor, bis er diese Farben nicht mehr von
einander zu unterscheiden vermag und nur noch ein ein—
ziges leuchtendes Rosenrot sieht, aus dem das Paradies
seliger Vergessenheit winkt.
Oskar Schwarz befand sich heute in diesem Paradies,
in dem er sich selbst verleugnete. Er kicherte, sang auf
offener Straße laut mit Dagobert Fisch mit, fühlte sich
unendlich wohl in der Gesellschaft des gesunkenen Philo—
logen, vergaß den Ernst des Lebens und dachte nicht an
—V——
Gefühl einer anheimelnden Behaglichkeit, für die er kein
Ende wünschte.
Dagobert Fisch fuhr fort: „Man hat Sie betrogen,
schändlich betrogen, junger Freund. Das ist das Los des
Genius, daß man ihn nicht aufkommen lassen will. Aber
warten Sie, ich werde etwas für Sie tun, — morgen schon,
verlassen Sie sich darauf. Sie haben nicht mal ein Konzept
von Ihrer Tragödie? Das ist schlimm, sehr schlimm, aber
wir werden der Wahrheit trotzdem zum Siege verhelfen.“
Und Oskar, dadurch angefeuert, rezitierte jetzt laut in
den Regen hinein:
„Was fraget Ihr nach Weisheit, Herr, — sie ist
Ein Sklave jedes Menschen, den er
Nach Willkür lenken oder geißeln kann.
Man sieht sie nur in einem Spiegel, den
Nie ein Menschenaug' erblickt, und Sagen
Geh'n seid grauen Zeiten, daß ein Verweg'ner,
Dem es einst vergönnt, sich selbst in diesem
Spiegel zu beschauen, geblendet, siech
Und ohne Sprache auf ewig Tor sich
Nennen mußte.“
„Vortrefflich, vortrefflich, jungerFFreund, — ein schlech⸗
ter Poet, der seine Dichtung nicht im Kopfe hat. Wir wer⸗
den den Himmel zum Zeugen anrufen, die ganze Welt
werden wir anklagen. Die Steine sollen sprechen von die⸗
sem schändlichen Betrug, und Sie sollen zu Ihren Lorbeeren
kommen, verlassen Sie sich darauf. Der Name Oskar
Schwarz soll ewig leuchten, und wenn Sie das Unglück
haben sollten, nach dem bekannten Sprichwort, daß Un—⸗