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Fünfzehntes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

387 — 
„Laß das, — was sollen die Leute denken?“ 
Und er sagte mit schwerer Zunge: „Und wenn ich es 
doch tue, dann erfüllst du meinen Wunsch — in dieser 
Nacht 7 
„Ich schwöre es dir zum hundertsten Mal.“ 
„ANber ich muß doch erst wissen, wer dieser noble Bursche 
ist, du wolltest ihn mir zeigen.“ 
„Du kennst ihn ganz genau. Er heißt Rosenstiel. Du 
erinnerst dich doch noch des Neffen vom alten Laib ?“ 
Kaulmann lachte. „Ah, der grüne Lümmel von da—⸗ 
mals, den du mir vorziehen konntest?“ 
„Ja, ja!“ brachte sie keuchend hervor. Dann mit Hast: 
„Dort kommt er, im hellen Paletot und Zylinder, — der 
mit der Dame am Arm. Schnell, entweder — oder. Ich 
erwarte dich bei mir, und du sollst alles haben. Aber 
schnell, schnell. Besinne dich nicht. Es handelt sich um 
meine Ehre und dein Glück.“ 
In rasender Eile stieß sie das hervor. Sie hetzte ihn 
wirklich wie einen richtigen Hund. Dann drehte sie sich um 
und lief fast mehr, als sie ging, der Straße zu, ohne sich um— 
zusehen, von der Furcht und vom Grauen gepackt. Sie 
wollte sich in eine Droschke setzen. Auf der anderen Seite 
der Straße bannte sie ihre Schritte und stellte sich in das 
Dunkel einer Haustür. 
Der Kesselschmied hatte sich an die Wand gedrückt. Er 
sah Rosenstiel und dessen Begleiterin die Stufen herunter⸗ 
kommen, ohne daß er Magda erkannte; er sah sie in der 
Menge üͤber den Vorplatz der Straße zuschreiten. Er ging 
hint erdrein und faßte num in die Tasche nach dem Fläschchen 
mit Vitriol. Seine Hand zitterte dabei, seinen ganzen Kör—⸗ 
— 
ein Beben. Als wollte er sich Mut machen, pfiff er leise vor 
ich hin. Jetzt befand er sich auf der Straße. Der Weinbergs⸗ 
weg mit seiner spärlichen Beleuchtung erschien bei diesem 
Wetter dunkler als je. Alles eilte unter den Schirmen an 
ihm vorüber. CEr beobachtete, wie Rosenstiel und seine 
Dame auf dem Trottoir vor dem Zaune stehen blieben und
	        
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