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Fünfzehntes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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heißt: Laß fünfe gerade sein? O, der große Brite war ein 
Menschenkenner, wie keiner vor und nach ihm.“ 
Dagobert Fisch blieb vor einer Destillation stehen. 
„Nun, wie wärs'? So ein Kleiner kann nichts schaden. Das 
wärmt den ganzen Menschen, stimmt ihn um, erheitert ihn.“ 
Einen Augenblickzauderte Schwarz, dann sagte er: „Sie 
haben recht. Ich habe heute viel auf dem Herzen“ 
„Trübe Erfahrungen gemacht, nicht wahr? O, mein 
junger Freund, was habe ich immer gesagt: Es kommt 
eines Tages, Sie werden nicht wissen, wie. Wenn' man 
nicht mehr weiß, was man ist, dann macht man sich erst zu 
etwas: man trinkt.“ 
Damit wankte ihm der Exr-Philologe voran. 
Die Vorstellung war zu Ende, das Publikum strömte 
den Ausgängen zu, rief nach den Droschken und eigenen 
Wagen, oder hüllte sich fröstelnd fester ein und spannte 
die Schirme auf, denn noch immer rieselte es in feinen 
Strahlen vom Himmel herab. An der Seite der Treppe, 
die zum Vestibül führte, die ganze Gestalt in einen weiten 
Theatermantel gehüllt, das Gesicht unter dem schützenden 
Schirm halb verborgen, stand zitternd Rosa neben Kaul— 
mann. Sie sprachen leise und unterdrückt miteinander. 
„Du scheinst Furcht zu haben, im letzten Augenblick?“ 
brachte sie bebend hervor. „Das sieht dir ähnlich. Zuerst 
den großen Mund, ewige Schwüre, und dann in der letzten 
Minute ein Feigling! Geh nur wie ein Schuljunge nach 
Hause, es ist aus zwischen uns. Ich glaubte einen Mann 
zu bekommen und keine Memme.“ 
Sie machte einen Schritt. Er hielt sie zurück und trat 
dicht vor sie hin unter den Schirm, so daß sein Atem ihr 
Gesicht berührte. Schnapsgeruch und Sinnlichkeit leuch⸗ 
teten aus seinen Augen, sprachen aus jedem Wort. Als er 
mit seiner großen Hand zärtlich nach ihrem Kinn fassen 
wollte, bemächtigte sich ihrer ein Ekel, den sie nur mit Mühe 
unterdrückte.
	        
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