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Geige, — derselben Geige dort auf der Bühne. Und Gott,
da hörte sie plötzlich Stimmen, die sie beim Namen riefen:
die Stimme ihres Vaters, ihrer Mutter.
Sie wollte schreien, laut aufschreien, so drückte es sie
auf der Seele. Aber sie vermochte es nicht. Das wirbelte
in ihrem Hirn, wie damals in der schauerlichen Winternacht,
als die Kälte ihr die Sinne benommen hatte. Als sie sich
zurückneigte und wie ermattet die Augen schloß, war der
Bann verschwunden. Ein letztes Aufflackern der qualvollen
Töne aus der Geige, dann brach das Spiel kurz ab ....
Der Beifall war verrauscht, und der Vorhang fiel. Eine
kurze Pause trat ein, in der das Gespräch sich um den
jungen Künstler drehte, dem die Kenner der Musik eine
große Zukunft versprachen. Dann wurde das Licht plötzlich
gedämpft, die Klingel hinter der Szene ertönte, abermals
lüftete sich der Vorhang, und das letzte Flüstern verschwand.
Spannung und Erwartung auf allen Zügen, ein leises
Neigen des Kopfes im Parkett, ein weites Vorstrecken der
Oberkörper auf der höchsten Galerie. Und unten in der
Loge, mit beklemmendem Gefühl in der Brust, die Dich—
terin, eine fast keuchende Aufregung bei ihrem Gatten, der
verstohlen nach ihrer Hand greift, um sie zu drücken, immer
beherrscht von dem Gedanken, daß man nach dem ersten
Akte bereits den Verfasser rufen könnte.
Don Pablo und Ruy Gomez treten auf. Beide sind
von Geburt Deutsche. Der erstere, der außereheliche Sohn
eines Fürsten, ist in seiner zartesten Jugend durch einen
alten Diener desselben, jetzt Kuy Gomez, nach Spanien ge⸗
bracht worden, wo er erzogen wurde und zu großem An⸗
sehen kam. Ruy Gomez sollte ihn eigentlich töten, aber das
Mitleid überwog, er wurde dem Kinde zum Vater, ver⸗
wandte große Summen Geldes, die er zur Belohnung be—
kam, auf die Erziehung des Knaben. Eines Tages ließ er
sich hinreißen, Don Pablo das Geheimnis seiner Geburt
zu enthüllen. Don Pablo will sich rächen für den Schimpf,
ein Bastard zu sein; er will nach Deutschland. In Ruy
Gomez' Brust ist eine heiße Sehnsucht nach seinem Vater⸗